Mathias Piecha
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Wenn einer sich bewerben tut dann kann er was erleben

15/5/2013

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Seit 14 Monaten bin ich jetzt leidenschaftlicher Sammler. Von Abstrusem, Lustigem, Ärgerlichem, meist Enttäuschendem. Kurz gesagt: ich sammle Absagen auf meine Bewerbungen. Und wie bei jedem echten Sammler ist es auch mein ganzer Stolz, die besten Exponate einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.
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Um es kurz zu machen: man kann es kurz machen mit einer Absage. Unbedingter Vorteil für den Absagenden: diese Aussage kann von niemandem angezweifelt werden.

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Kurz, bündig und von Herzen auch dieses Exemplar, das mir nur etwa zwei Stunden nach meiner Email-Bewerbung und 2 Tage nach Veröffentlichung der Stellenanzeige übermittelt wurde.

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Nicht, dass es immer so schnell gehen würde. Nebenstehende Absage bekam ich Ende Januar. Nach einem Vorstellungsgespräch Anfang November, das freundlich mit "Wir melden uns dann nächste Woche" endete.

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Es gibt also Absagen, die gehen ganz schnell. Und es gibt Absagen, auf die wartet man lange. Vielen Bewerbern nicht unbekannt: die Null-Rückmeldung. Über eine ganz besondere Form durfte ich mich bei abgebildeter Automatik-Email freuen.
Nennen Sie mich altmodisch. Aber für mich ist es unverständlich, dass es von mir geschätzten 60 Prozent der Arbeitgeber nicht möglich ist, in Zeiten von Email-Bewerbungen und Serien-Emails wenigstens eine Absage zu verschicken.

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Vielleicht ist es doch die Furcht vor inhaltlichen Fallstricken im Absagetext?

Hier abgebildet ist z.B. nur die Betreffzeile einer Absage-Email der IHK Köln. Mit dem Lesen und Verstehen verbrachte ich etwa einen Vormittag. Zeit, die ich als Arbeitsloser ja zum Glück habe.

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Nennen Sie es vielleicht einfach das Einsetzen einer besonderen Form des Wahnsinns, der nach Monaten voller Absagen und Enttäuschungen gewisse Schäden im Großhirn verursacht. Oder vielleicht ist es auch nur ein ganz spezieller Humor von mir. Beim Lesen des nebenstehenden Textes jedenfalls lachte ich minutenlang Tränen.

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In diesem Fall frage ich mich, ob meine Bewerbungsunterlagen dann doch einfach einen zu positiven Eindruck hinterlassen haben. Ich denke nun darüber nach, in zukünftigen Bewerbungen deutliche Schokoladenspuren auf Zeugniskopien digital einzupflegen und handschriftlich zu ergänzen, dass ich mich stets bemühte und für ein gutes Betriebsklima sorgte.

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Auch dieser Text wirft bei mir Fragen auf. War es hier in der Agentur ursprünglich gar nicht beabsichtigt, einen optimal passenden Bewerber einzustellen oder ist es nur die Einzelmeinung des Verfassers? Man weiß es nicht.

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Zum Schluss dann aber noch ein - wenn man es so nennen möchte - Positivbeispiel. Die Absage eines westdeutschen Fußballvereins machte es mir immerhin möglich, meinen Frust augenblicklich und kalorienfördernd in mich hineinzufressen. Wären alle Arbeitgeber, bei denen ich mich beworben habe, diesem Beispiel gefolgt, könnte ich inzwischen immerhin einen gewissen Ausgleich an Glückshormonen feststellen, müsste mich für zukünftige Vorstellungsgespräche wohl aber neu einkleiden.

Wie dem auch sei - gerne würde ich meinen nächsten Blog erhaltenen Zusagen und den Formulierungen in Arbeitsverträgen widmen. Also: bitte strengen Sie sich an!

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Wie ich mich im Nichtbezahl-Fernsehen entdeckte

26/4/2013

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Dienstag Abend, 20 Uhr 40. Bier, Pizza, alles da was ich so brauche zum Schlager Bayern gegen Barcelona. Sky wird gleich ins Stadion schalten, der letzte Werbeblog. Als Abschluss ein Hinweis-Trailer auf die "Harald-Schmidt-Show" mit einem kurzen Ausschnitt aus einer seiner letzten Sendungen. Und dabei verschlucke ich mich an meiner Thunfisch-Pizza. Denn der Gag, den der Nürtinger Entertainer da zum besten gibt, ist von mir. Zu finden auf Twitter: https://twitter.com/Lassitudor/status/324512298981019648

Natürlich haben Schmidts Produktionsfirma Bonito TV und der Fernsehsender Sky bisher nicht auf meine Emails dazu reagiert. Also war ich so frei, den Großmeister des gepflegten Humors wenigstens für mich Werbung machen zu lassen. Auf YouTube.
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Es riecht nicht mehr nach Sägemehl

9/4/2013

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Das erste Mal seit über 10 Jahren gehe ich wieder in einen Zirkus. Premierenabend. Eine lange Schlange, vom Zelt bis an die Straße und an ihr entlang, 300 Meter sind es mindestens.

Die geduldig Wartenden werden unterhalten. Ein Irrer mit Blaumann und Kettensäge. Ein blutüberströmter Zombie. Ein Humpelnder mit Gasmaske und Sauerstoffflaschen auf dem Rücken. Natürlich, denn die Veranstaltung nennt sich "Zirkus des Horrors".

Ich habe eine Freikarte und bin etwas schneller im Zelt als die anderen. Schon direkt nach dem Eingang: absolute Dunkelheit. Schattenwesen bugsieren mich weiter, mal rechts rum, mal links rum, schaurig lachend. Dann bin ich im Vorzelt. Stände mit Essen und Trinken, beleuchtet von elektrisch flackernden Kerzen. Dazwischen Särge mit Skeletten, Draculafiguren, Spinnweben, Fledermäuse und große Spinnen. Nicht mehr viel Zeit bis zum Beginn der Vorstellung, ich gehe ins Zelt, lasse mir von einem Buckligen mit Kette meinen Platz in der Loge zeigen.

Zirkus. Ein hohes, rundes Zelt, Platz für 1.500 Personen. Bis zum letzten Platz besetzt. Dazu Fernsehteams und Pressefotografen. Direkt vor mir die Manege. Oder besser gesagt: die runde Bühne. Eine Holzfläche, leicht erhöht. Kein Sägemehl, kein Geruch nach Tieren oder Elefantenkot, wie ihn meine Erinnerung noch in der Nase hat.

Die Vorstellung beginnt. 4 Männer in Mönchskutten bringen einen Sarg herein. Ihm entsteigt der Moderator des Abends - Nosferatu.
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Der "Zirkus des Horrors" hat begonnen. Monster, Zombies, Frauen in altertümlichen Kleidern. Seiltänzer, ein unglaublich biegsamer Schlangenmensch, eine Frau, die sich Nadeln durch Arme und Zunge führt, Akrobaten auf dem rotierenden Todesrad, ein Clown.
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Dann ist Pause. Zeit für eine Bockwurst, ein Bier. Zeit, mich dem Clown zu nähern. Wahrscheinlich ist er es, wegen dem ich hier bin. Nehme ich an. Er hat wenig Zeit, muss Interviews geben. Für das ZDF, für RTL, für ein Lokalradio, für Zeitungen.
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Dann, die Pause ist fast vorbei, kann ich endlich auf ihn zugehen, sage meinen Namen. "Mathias! Du bist das! Irgendwie kam mir Dein Gesicht bekannt vor", sagt der Clown. 27 Jahre haben wir uns nicht mehr gesehen, davor 5 Jahre lang im Gymnasium die selbe Schulbank gedrückt, Lehrer geärgert, unsere Freizeit zusammen verbracht. Schon damals war Oliver absolut vernarrt in den Zirkus, reiste in den Ferien mit den Althoffs herum, hatte schon erste Auftritte, brach die Schule vorzeitig ab, erfüllte sich seinen Traum vom Zirkus. Irgendwann vor kurzem haben wir uns wiedergefunden im Internet, ausgemacht, uns zu treffen, wenn er in der Nähe gastiert.

Viel Zeit bleibt uns erst mal nicht, die Vorstellung des Horrors geht weiter. Mit Blondinen in Hula-Hup-Reifen, die perfekt atemberaubende Figuren haben, mit einem Feuerjongleur in Rockermontur zu Heavy-Metal-Musik, mit Motorrädern, die von einer Rampe durch das Zelt fliegen und dann auch mit echtem Blut. Bei dieser Nummer muss ich schlucken: einer der Künstler lässt sich blanke Eisennägel durch den nackten Oberkörper treiben und daran ein Seil befestigen, an dem er nach oben gezogen wird. Das Publikum fiebert mit, ist begeistert. Nach seiner Landung läuft dem Künstler das Blut den Rücken hinunter.
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Nosferatu beendet die Vorstellung schließlich, es gibt Standing Ovations, Blumen für die Darstellerinnen und Akrobatinnen. Der "Zirkus des Horrors" hat seine Premiere geschafft.

Eine Zirkusvorstellung der anderen Art, sicherlich. Und doch bin ich hin- und hergerissen: hat es mir gefallen? Statt Manegensand gab es Feuerstöße aus dem Bühnenboden, statt Pferden blutende Akrobaten, statt Kaninchen aus dem Hut Nadeln durch die Zunge. Bin ich schon zu altmodisch, um da gleich völlig begeistert von zu sein?

Oliver ist jetzt noch in seinem Nosferatukostüm, muss sich fotografieren lassen, bis sich das Zelt langsam leert. Dann kommt er zu mir. "Es juckt unter der Maske, ich muss da erst mal raus und mich abschminken", entschuldigt er sich. Eine halbe Stunde später ist er zurück von seinem Wohnwagen. Zum ersten mal seit 27 Jahren sehe ich ihn nun ungeschminkt vor mir. "Sind wir alt geworden", lachen wir beide.

Dann ist Partytime. Die Künstler feiern die Premiere, mit Essen vom Buffet und Sekt. Die Blondinen - noch immer in ihren hautengen Kostümen - tanzen ausgelassen, andere Künstler haben ihre Kinder dabei. Eine 100-köpfige Zirkusfamilie.

Oliver und ich stehen an der Bar, mit Sekt und Red Bull. Erzählen uns, was wir so gemacht haben. Oliver, den unser damaliger Musiklehrer als "absolut unmusikalisch" abstempelte, weil er mit der Blockflöte nicht sehr viel Lust zeigte, ist inzwischen ausgebildeter Musikclown, ausgezeichnet mit etlichen Preisen. Er hat mit den Zirkussen die Welt bereist, spricht 7 Sprachen. Er war zweimal Direktor von eigenen Zirkussen. Einmal damit pleite gegangen in Spanien, einmal in Deutschland. "Keine Zuschauer, keine Einnahmen", erzählt er. Die Leute gingen einfach nicht mehr in den Zirkus, viele Unternehmen hätten schon dicht machen müssen.

Zwischendurch unterhalten wir uns mit Ricardo. Er war an diesem Abend Premierengast, tritt sonst in einem der größten Zirkusse Deutschlands auf. Auch er hat nichts Gutes zu berichten. In Koblenz zwei Abende ausverkauft, danach kaum noch Zuschauer. In Aschaffenburg abgesagte Vorstellungen mangels Interessse.

Oliver erzählt mir, der "Zirkus des Horrors" sei ein Versuch, etwas Neuartiges, Modernes zu bieten, um den Zirkus mit anderen Mitteln am Leben zu erhalten. Inzwischen sind wir bei der zweiten Flasche Sekt. Wir philosophieren, was sich verändert hat, dass man Eltern mit ihren Kindern oder auch "normale Menschen" nicht mehr in den klassischen Zirkus locken kann.

"Die Menschen sind übersättigt von heutigen Freizeitangeboten, Musicals, Freizeitparks, und vom Zirkus hat man schon alles im Fernsehen gesehen", meine ich. Oliver widerspricht. Das Fernsehen habe dem Zirkus noch nie geschadet. Er meint, die Leute seien zu viel mit dem Internet beschäftigt, nur noch bei Facebook, statt mal rauszugehen.

Ich erkläre ihm aus meiner Erfahrung, warum das so ist. Dass man heute oft arbeitet für 2, unter Druck und Überstunden, für große Freizeitaktivitäten die Zeit und Energie fehlt, selbst am Wochenende. Dass soziale Netzwerke oft noch die einzige Möglichkeit bieten, Kontakt mit Freunden aufrecht zu halten, mitzubekommen, was bei ihnen los ist.

Wir beide sind uns nachts um halb drei einig: das Leben hat sich verändert, nicht weil wir beide 27 Jahre älter geworden sind, sondern weil wir nicht mehr den Sinn haben und uns die Zeit nehmen für den Geruch von Sägemehl und Elefantenkot, die alte Zirkusromantik.

Ich erfahre schließlich noch, dass der lange, kalte Winter auch für dieses junge Zirkusprojekt enorme unerwartete Kosten verursacht, um das Zelt zu heizen und Wasserleitungen in den Wohnwagen nicht einfrieren zu lassen. Die Proben haben die Artisten aus Kostengründen sogar im unbeheizten Zelt abhalten müssen, bei Null Grad.

Als ich die feiernde Zirkusfamilie gegen Morgen verlasse wünsche ich ihnen viel Erfolg und immer ein volles Zelt. Auch wenn es nicht mehr nach Manege und Tieren riecht - es gibt sie immer noch, die Akrobaten und Zirkusleute mit Leib und Seele, die uns zwischendurch in ihre Welt entführen möchten. Wenn sie verschwinden dann verschwindet ein letzter Rest Illusion und Unbekümmertheit in unserer Welt.
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Herr P.

27/2/2013

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Herr P. ist privat bestimmt ein ganz netter Mensch. Wahrscheinlich sammelt er Gartenzwerge. Oder Briefmarken. Er ist einer von den pflichtbewussten und aufrechten Menschen, wie wir sie immer schon hatten in Deutschland. Und deshalb hätte Herr P. hier in den vergangenen 70 Jahren auch immer Karriere gemacht. Sei es mit Uniform oder ohne. Z.B. beim gewissenhaften Abhaken einer Protokollliste, während er vollbesetzte Wagons gen Osten schickte. Oder als Hausmeister beim minutengenauen Mahnen der Bewohner einer Mietskaserne zur Einhaltung der Ruhezeiten. Oder eben jetzt bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

Denn da hat Herr P. nicht nur einen Beruf, sondern seine Berufung gefunden. Da darf er schon mal die Stellengesuche lesen, die arbeitslose oder unglücklich beschäftigte Architekten zur Veröffentlichung einreichen. Und genau da fängt es an, für Herrn P. interessant zu werden. Denn oft nennen sich diese Architekten "Architekt", obwohl sie gar keine Architekten sind! Zumindest nicht nach §§ 3 ff. BauKaG NRW. Demnach darf sich nur jemand als "Architekt" bezeichnen, der für mehrere hundert Euro im Jahr auch in der Architektenkammer eingetragen ist. Und da spürt Herr P. dann sofort dieses Kribbeln, da reißt und zerrt es dann in ihm, seine Blockwartqualitäten auch sofort auszuspielen. Ein paar Tasten am PC gedrückt, und schon ist das Kammerverzeichnis überprüft und ein Übeltäter überführt. Meist greift er dann - wenn vor der Frühstücks- oder Mittagspause noch Zeit ist - sofort zum Telefon und bellt den Gesetzesübertreter an: "Sie haben auf Ihrer Webseite (oder in Ihrem Stellengesuch) die Bezeichnung Architekt angegeben, sind aber nicht in der Architektenkammer eingetragen! Entfernen Sie umgehend diese Bezeichnung!" Gerne verschickt Herr P. dann auch noch Kostenbescheide und Unterlassungsforderungen.

Natürlich weiß auch Herr P., dass niemand, der nicht in der Kammer eingetragen ist, einem echten "Architekten" einen Schaden zufügen könnte, da er ja gar nicht berechtigt wäre, beim Bauamt Unterlagen und Anträge einzureichen. Aber das ist für Herrn P. nicht wichtig. Auch nicht die Frage, was ein arbeitsloser Mensch mit abgeschlossenem Architekturstudium denn sonst schreiben sollte, um kurz und bündig deutlich zu machen, welchen Beruf er gerne ausüben möchte. "Ingenieur" oder "Diplom-Ingenieur" vielleicht? Aber worin? Im Schiffbau oder in der Raumfahrttechnik? Doch das sind Fragen, die Herrn P. gar nicht zu interessieren haben. Denn das hat er als kleiner Junge schon von seinem Schäferhund gelernt: Treue und Gehorsam gleich Futter. Und deshalb zählt für Herrn P. auch nur der Buchstabe des Gesetzes.

Selbstverständlich zieht Herr P. jeden dieser Fälle von gesetzlosem und frevelhaftem Treiben bis zu Ende durch. Und das Stellengesuch eines nun erfolgreich eingeschüchterten und von der uneingeschränkten Autorität der Kammer überzeugten Nicht-Architekten wird niemals veröffentlicht. Wo kämen wir denn da auch hin, wenn Menschen einen Job finden würden, die nicht in der Kammer eingetragen sind?

Zum Glück haben wir Menschen wie Herrn P. in Deutschland, ohne die an Recht und Ordnung in diesem Lande nicht zu denken wäre. Und so wird Herr P. auch irgendwann seinen wohlverdienten, gut abgesicherten Ruhestand genießen. Mit seiner Gartenzwergsammlung. Oder mit seinen Briefmarken. Und mit Nachbarn, die ganz bestimmt ab 20 Uhr keinen Laut von sich geben.
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Überprüfungsausflug

16/2/2013

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7 Uhr 20. Unser Schiff legt an. 40 Minuten zu früh, aber das ist gut so. Die Überraschung lässt sich bestimmt nutzen, um einen noch besseren Überblick zu bekommen.

Punkt 7 Uhr war ich schon beim Frühstück. Nur keine Zeit verlieren. Das Angela-Merkel-T-Shirt aus dem NRW-Wahlkampf hatte ich gestern Abend noch einmal mit dem Reisebügeleisen in faltenfreie Form gebracht, einen 10-Euroschein lasse ich gekonnt lässig ein Stückchen aus der Jackentasche gucken. Sie sollen hier schon wissen, mit wem sie es tun haben.

Dann geht es von Bord. Eins fällt auf: Humor haben sie hier auf Rhodos - auf einigen Gebäuden weht noch die griechische Fahne. Vielleicht konnten sie aber auch einfach keinen mehr bezahlen, um sie herunterzuholen.

Ein älterer Mann ruft mir zu: "Sorry! Taxi?" Selbstbewusst antworte ich: "Nein, Tourist! Aus Deutschland!" Ich schreibe seine Frage einer schon lange nicht mehr korrigierten Sehstärke zu und gehe weiter in Richtung Stadtmauer. Außer dem Alten, der eine Mitfahrgelegenheit sucht, und ein paar Italienern und Spaniern, die hinter mir eher verschämt ebenfalls das Schiff verlassen haben, ist niemand zu sehen.

Als ich gegen 8 Uhr die Altstadt betrete werden meine schlimmsten Erwartungen erfüllt. Nicht ein einziges Geschäft hat geöffnet. Alle Rolläden sind heruntergelassen, die Schaufenster noch vergittert. Offenbar hält es hier niemand mehr für nötig, trotz der Ankunft eines großen Kreuzfahrtschiffes einheimische Waren und Erzeugnisse feilzubieten.

Eine Frau kommt mir entgegen, sieht mich an und sagt etwas wie: "Jammer." "Nix jammern, arbeiten!" rufe ich ihr nach. Insgeheim hoffe ich, dass sie wenigstens unterwegs zu einer Putzstelle oder einer anderen Aushilfstätigkeit ist.

Traurig und ziellos gehe ich durch die alten Gassen, die schon so viel bessere Zeiten gesehen haben. All mein Geld, hier ist es so nutzlos verschwendet, weil die Menschen sich offenbar bereits völlig aufgegeben haben.

Endlich, es muss etwa so Viertel vor 9 sein, werde ich doch aus meinen trüben Gedanken gerissen. An einem der Geschäfte ist tatsächlich der Rolladen oben und ich sehe verschiedene Lederwaren. "Tüchtig, tüchtig!" rufe ich aufmunternd hinein.

Es ist, als ob doch einer der Einheimischen unser Schiff entdeckt hat und den Übrigen Bescheid gesagt hätte, denn auf einmal sehe ich immer mehr der kleinen Geschäfte, sogar Cafés und Imbissstuben, die zu öffnen scheinen. Sollte doch noch Hoffnung für Griechenland bestehen?

Auf den zweiten Blick wird mir jedoch klar, dass hier noch längst nicht alles so ist, wie man es für erfolgreiche Geschäfte erwarten müsste. Ich beschließe, als Einwohner des erfolgreichsten europäischen Staates praktische Hilfe zu leisten. Denn schließlich geht es ja auch um mein Geld.

In einem der Lädchen, das Schmuckwaren aus Gold und Silber zu führen scheint, mache ich den Anfang. Den Besitzer sehe ich innen beim Ordnen einiger Ketten. "Guten Tag, guter Mann", spreche ich ihn an. "Guten Morgen, mein Herr" kommt es in erfreulich gutem Deutsch zurück. "Entschuldigung, wir haben noch nicht..." - "Schauen Sie", unterbreche ich ihn. "Wenn Sie diese Körbe mit den Armreifen nach draußen stellen würden, würde das viel mehr Kunden anlocken" erkläre ich ihm und mache mich auch schon daran, einen der braunen Flechtwerkkörbe nach draußen zu tragen. "Was machen?" ruft er da. Und reißt mir die Waren aus der Hand. "Hau ab, sonst Polizei!" Wie traurig, hier scheint meine Hilfe nicht erwünscht zu sein.

Ich eile weiter. In der nächsten Straße fällt mein Blick sofort auf zwei Geschäftchen, die sich fast gegenüber liegen und die nahezu identischen "I love Rhodos"-T-Shirts anbieten. Die Verkäuferin sehe ich innen mit einem Putzlappen. "Guten Morgen", sage ich. Auch sie sagt irgendwas mit "Jammer", aber das überhöre ich jetzt einfach. "Schauen Sie", beginne ich meine Erklärung. "Sie haben hier die selbe Ware wie Ihr Kollege gegenüber". - "Mein T-Shirt besser!" versucht sie mich zu überzeugen. "Das stimmt nicht!" entgegne ich entschieden. "Es sind genau die selben, mit der selben Aufschrift." - "Bei mir 3 Stück 20 Euro" fällt sie mir ins Wort. "Das mag sein, aber Sie sollten sich mit Ihrem Angebot voneinander unterscheiden. Vielleicht können Sie sich sogar absprechen. Wenn Sie z.B. diese Fußball-T-Shirts hier alle nach vorne hängen, sehen Sie..." - "Lassen das, Herr!" ruft die Person, und dann beginnt sie, laut einige offenbar griechische Worte nach draußen zu rufen. Schnell sind einige der umliegenden Ladenbesitzer herbeigeeilt und ich beginne zu hoffen, man wolle sich in der Tat schon wegen der angebotenen Ware miteinander einigen, aber dann merke ich, dass die Aufmerksamkeit des Aufruhrs mir gilt. Man redet wütend auf mich ein, einige zeigen aufgebracht auf das Bild der Kanzlerin auf meiner Brust. Dann werde ich von starken Armen gepackt und aus dem Laden geworfen.

Ich mache mich schnell davon. Wer meine Hilfe nicht möchte wird eben die unerbittliche Härte des Wettbewerbs selbst verspüren müssen.

In einer der Strassen beschließe ich, mein Glück im Gastronomiebereich zu versuchen. Offenbar scheint sich meine Anregung, Waren draußen vor dem Geschäft anzubieten, doch schneller herumgesprochen zu haben als ich erwartet hatte. Denn vor einer Gaststätte lehnen Schilder mit dem Tagesangebot. Hier ist scheint jemand bereit zu sein, dazuzulernen und ich habe Hoffnung, hier noch mehr helfen zu können.

Drinnen sehe ich den Betreiber beim Zwiebelnschneiden. "Guten Tag, Wirt!" grüße ich freundlich. "Gute Morgen, Herr!" antwortet es freundlich zurück. "Wolle etwas esse oder trinke?" - "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, sagen wir bei uns in Deutschland", antworte ich. "Zunächst einmal freue ich mich, dass Sie draußen Schilder mit Ihrem Essensangebot aufgestellt haben" fahre ich fort. "Aber wenn Sie Ihre Zwiebeln heute morgen schon ganz früh geschnitten hätten, könnten Sie jetzt noch mehr tun. Sehen Sie!" Und schon stehe ich draußen vor dem Eingang und versuche aktive Verkaufsgespräche bei den Passanten. "Guten Morgen, vielleicht ein Bierchen, frisch gezapft, der Herr? Calamaris, ganz besonders für Sie gegrillt, die Dame vielleicht?" Bei einigen Vorbeikommenden, die mich vom Schiff her kennen, sorge ich für einige Heiterkeit, und ich kann es mir nicht verkneifen, einem spanischen Paar hinterherzurufen "Ja ja, so geht das mit der Wirtschaft!". Von drinnen kommt nun der Wirt herbeigeeilt: "Sie sind verruckte, mache mir ganze Geschäft kaputt! Verschwinde ganz schnell!" Oho, hier meint also jemand, es besser zu können. Solchen Menschen kann man nicht helfen. Also heißt es, weiter zu suchen, wo es noch Hoffnung für das griechische Volk gibt.

Und auch jetzt bemerke ich bald, dass meine Ratschläge trotz allem schon in die Tat umgesetzt werden. Denn ein paar Gässchen weiter steht einer vor seinem Geschäft und spricht mich aktiv an. "Hallo, wolle Schirm kaufe?" - "Aber es scheint doch die Sonne" versuche ich ihn zu necken. "Aber Du komme von Schiffe, kann immer irgendwo regne." - "Auf dem Schiff habe ich einen Schirm" foppe ich den wackeren Verkäufer. "Aber immer Wind auf Schiffe, und dann Du brauche noch eine Schirm, wenn andere wegfliegt." - "Ja ja, das ist wie mit den Rettungsschirmen für Euch, wenn einer weg ist, braucht man den nächsten" lache ich.

Vielleicht war dieser eine Satz doch etwas zu viel, vielleicht hatte ich die Meute doch einfach zu spät bemerkt, die nun die Strasse hinuntergerannt kommt und die von einigen Geschäftsleuten angeführt wird, denen ich in gutem Glauben hatte helfen wollen. Jedenfalls ist die Stimmung plötzlich sehr feindselig gegen mich. Menschen beschimpfen mich und die Kanzlerin, die nun doch einige Schweißflecken trägt, einige spucken mich an, andere wollen mich packen und schlagen.

Ich renne davon, in Richtung Schiff. Die alten Mauern, die ehrlichen Kreuzrittern einst Schutz boten, drohen mir nun, zum Verhängnis zu werden. Ich bemerke im Rennen immer mehr Menschen, die mich verfolgen, Gewürzhändler, die mich mit Knoblauch bewerfen und Urlauber, die nur tatenlos zusehen, statt mir als Europäer zur Seite zu stehen. An einem Geschäft sehe ich Schwämme und wünsche bei mir immerhin der Putzfrau von heute morgen alles Gute.

Endlich erreiche ich ein Stadttor, wende mich dem Hafen zu, renne weiter bis zur Gangway zum Schiff, innen die Treppe hinauf und verbarrikadiere mich in meiner Kajüte. Schmerzlich hatte ich erfahren müssen: Griechenland und unser aller Geld ist verloren! Verloren an Menschen, die sich nicht einmal helfen lassen möchten! Wie traurig!

Zum Glück legen wir gegen Mittag wieder von diesem unglückseligen Ort ab und ich traue mich hinaus zum Mittagessen. Das Kind einer deutschen Familie erkennt mich im Restaurant und ruft: "Guck mal, da ist der Mann von vorhin auf der Insel!" Doch die Mutter scheint erkannt zu haben, dass ich alles nur für Deutschland und für Europa getan habe und dass mir Aufmerksamkeit nicht wichtig ist. Denn leise ermahnt sie den Kleinen: "Schau da nicht hin!"
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Kreuzfahrer im heiligen Land

16/2/2013

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Während Kreuzfahrer in früheren Zeiten mit dem Schwert nach Judäa und Palästina kamen, um die Ungläubigen von den heiligen Stätten zu vertreiben kommen die heutigen Kreuzfahrer mit Kameras nach Israel, um unglaubliches über diese Stätten zu erfahren.

Die Angst vor den Kreuzfahrern scheint jedoch noch immer noch nicht ganz verschwunden zu sein. So stiegen bereits in Sizilien 5 israelische Sicherheitsbeamte zu, um während der zweitägigen Fahrt nach Haifa Reisepässe zu kontrollieren, Visa auszustellen und Verdächtige aufzuspüren. Bevor es gestern Früh an Land ging ließen dann wieder neue Sicherheitsbeamte die Horde der Reisenden so lange auf die Taschenkontrolle warten, dass nach 45 Minuten nicht nur die Luft knapp wurde, sondern direkt vor mir zwei Kreuzfahrer aus Frankreich bzw. Bayern handgreiflich wurden.

So war ich froh, als ich endlich mit 19 anderen Passagieren die Fahrt nach Jerusalem beginnen konnte. Eva, unsere Reiseleiterin, die als Deutsche seit 30 Jahren in Istael lebt, hatte schon auf den ersten Kilometern interessante Infos. Die traumhaften Strände sind dank eines israelischen Gesetzes kostenlos für jedermann, inklusive Duschen und sogar WLAN. Die modernen Gebäude am Stadtrand beherbergen alles, was in der IT-Welt Rang und Namen hat. Intel fertigt hier seine Chips, der USB-Stick wurde hier erfunden.

Von der Autobahn aus sehen wir erstaunliches: abwechselnd rein muslimische und jüdische Dörfer, nicht weit voneinander getrennt und friedlich. Über angebliche Kriegsangst in Israel kann Eva nur lachen: "Die haben wir seit 65 Jahren, und eine Gasmaske hat sowieso jeder von uns im Schrank."

Nach eineinhalb Stunden sind wir oben in Jerusalem, 850 Meter über dem Meeresspiegel. Was auffällt ist die einheitliche Farbe der Häuser. Denn auch das ist hier Gesetz: sämtliche Gebäude müssen mit den selben hellgelben Ockerton haben. Jerusalem ist auf den ersten Blick eine geschäftige, saubere, gepflegte Stadt, sogar eine Straßenbahn gibt es seit neuestem. An Universitätsgebäuden vorbei geht es hinauf zum Ölberg.

Und von dort habe ich das erste Mal mit eigenen Augen den Blick auf die Altstadt Jetusalems, die goldene Kuppel des Felsendoms, die Kuppeln und Minarette der Weltreligionen, die Köagemauer, die Stadtmauer, direkt unter mir der große jüdische Friedhof. Jahrtausende Krieg, Herrschaft, Glaube und Hass liegen unter mir. Was für eine Stadt! Das hat auch Rom nicht zu bieten.

Dann geht wieder weiter. Den Ölberg hinunter, hin zur Mauer, die Jerusalem von den Palästinensergebieten trennt. Der Vergleich mit dem geteilten Deutschland drängt sich auf. Willkürliche Autodurchsungen bei den Einreisenden aus den besetzten Gebieten, Wachttürme, Betonfertigteile, dreimal so hoch wie die Berliner Mauer. Eva erklärt uns, wie froh sie über den Grenzwall ist. Seit seinem Bestehen habe die Zahl der Anschläge in Israel drastisch abgenommen.

Dann sind wir "drüben". Das Straßenbild ist schlagartig anders. Dreck überall, Müllhalden zwischen den verwahrlosten Häusern, Graffitis. In den Untergeschossen offene Autowerkstätten und Souvenirläden. "In einen müssen wir immer rein, wenn wir hier rüber reisen. Aber bitte nur kurz", ermant sie uns. An der Ladentür klebt ein Sticker: "I Love Jesus". Drinne gibt es Ikonen, geschnitzte Marien und Kamele, hebräische siebenarmige Leuchter. Ich finde nichts, was mich interessiert und gehe wieder auf die Strasse, bin sofort von Straßenverkäufern umringt. Halsketten, Stofftaschen, Postkarten, Magnettäfelchen. Es ist unverkennbar: hier ist der Lebensstandard ein anderer als in Jerusalem.

Dann endlich fahren wir weiter, nur wenige Minuten bis Bethlehem. Auch hier das Bild einer typisch arabischen Stadt, Touristen in Karawanen, Straßenhändler, Pilger. Hinein geht es in die Geburtskirche. Ein freundlicher palästinensischer Polizist am Eingang nickt uns freundlich zu. Eva ist happy: "Der Eingang zur Grotte ist frei! Das ist er sonst nie!" Wir steigen die schmalen Stufen unter die Erde in die von Steinwänden umgebene Grotte, in der Kerzen, ein kleiner Altar und ein siebenzackiger Stern den Geburtsort Jesu markieren soll. Niemand hätte hier unten jemals Kuh und Esel hingehievt bekommen und auch Eva sagt, niemand wisse, wo in Bethlehem Jesus wirklich geboren sei. Gerade will den Altar filmen, da springt ein Asiate mit Mütze die Treppe herunter, wirft sich auf die Knie, küsst den Boden. Dann steht er auf, schwer atmend, blickt sich wie in Trance um, blickt dann wieder zur "Geburtsstätte". Ich gehe hinauf. Oben beten gerade die Armenier, die sich die Kirche mit den orthodoxen Christen und den Katholiken teilen. Eva erzählt, die drei Gruppen würden sich auch schon mal handgreiflich bekämpfen, wenn es darum gehe, den Pflichten nachzukommen.

Der Weg zurück zum Bus ist ein Spießrutenlauf durch die Händler "Whete come you from? Du deutsch? Hier, nur 2 Euro, 3 für 5. Magnet, hier guckst du!" Nur weg hier! Eva fährt mit uns zum besten Falaffel-Imbiss Bethlehems, für einen Euro gibt es noch einen starken Mokka dazu.

Dann wieder zurück durch die Mauer. Ich beobachte bei der Kontrollstelle eine junge israelische Soldatin, höchstens 20. Die kugelsichere Weste über der Uniform wegen der Wärme aufgeknöpft, die Maschienenpistole hängt lässig am Rücken. Sie lacht und scherzt mit ein paar Kollegen. Waffen, Militärdienst, Feinde - nichts besonderes in Israel. Hier herrscht Wehrpflicht, 3 Jahre für Männer, 2 Jahre für Frauen. Ersatzdienst gibt es nicht, jeder bleibt bis zum 45. Jahr Reservist. Krieg kann immer sein. Eva erzählt, ihr Sohn rufe sie jeden Abend aus der Negheb-Wüste an und beschwere sich über die harte Grundausbildung bei den Kampftruppen.

Wir quälen uns mit der Fahrzeugkolonne durch die Kontrolle, hin zur Jerusalemer Stadtmauer. Von hier aus sind wir zu Fuß unterwegs durch den arabischen Teil der Altstadt. Es geht durch den Bazar, immer noch ein Stück 1000 und eine Nacht, auch wenn T-Shirts inzwischen zum Angebot gehören. Es geht durch die engen Gässchen, mal rechts, mal links. Vorbei an riesigen Granatäpfeln und Orangen, Gewürzen, Gebäck, Souvenirs, Kaffeebars und allem, was auch nur denkbar ist.

Plötzlich ein kleiner Platz, dahinter die Grabeskirche, davor ein Menschengewirr aus Touristen in allen Sprachen, orthodoxen Würdenträgern mit langen Bärten und schwarzen Hüten sowie sonstigen Priestern. Hier teilen sich gleich sechs Konfessionen die Aufsicht, was so schwierig ist, dass die Schlüsselgewalt in den Händen einer moslemischen Familie liegt. Innen ist das Durcheinander nicht weniger groß. Im 3. Jahrhundert hatte man hier ausgerechnet noch die drei Holzkreuze gefunden, an denen Jesus und die zwei Übeltäter hingerichtet wurden. Praktischerweise befindet sich das angebliche Grab Jesu auch an gleicher Stelle. Und als sei das noch nicht alles ruht hier auch noch die Steinplatte, auf der der tote Jesus gewaschen wurde. Die Platte stammt zwar aus dem 14. Jahrhundert, vor mir sanken jedoch reihenweise Gläubige darauf zu Boden.

Danach führt uns Eva weiter durch die Gassen, die jetzt aber ein gut florierender Markt für die Pilger aller Religionen sind. Vom Rosenkranz bis zum Heiligenbild in jeder gewünschten Größe - hier kann man seinen Glauben kaufen.

Irgendwann sind wir in der Via Dolorosa, die Jesus auf dem Weg zu seiner Hinrichtung beschritten haben soll. In ihr kennt Eva auch den Besitzer eines kleinen Kaffees, der Mokka zwischendurch muss jetzt sein. Ich entscheide mich auch noch für einen vor meinen Augen frisch gepressten Grapefruitsaft. Lecker!

Ein paar Gässchen weiter zeigt Eva auf eine weitere Basarstrasse. Sie führt direkt zum moslemischen Felsendom, und den darf kein Ungläubiger betreten. Wir gehen deshalb weiter, bis in einer der Altstadtgässchen eine Sicherheitsschleuse auf uns wartet. Nur durch sie betritt man den jüdischen Teil der Altstadt. Und gelangt direkt zur Klagemauer. Der große freie Platz davor wimmelt vor Soldaten, Touristen und orthodoxen Juden. Sie sind gekommen, um über das Schicksal des zerstörten Tempels und ihres Volkes zu klagen. Links die Männer, rechts - durch einen Zaun getrennt - die Frauen.

Irgendwie hatte ich mir die Stimmung an dieser berühmten Stelle immer aufgeladener, feindseliger vorgestellt. An diesem Nachmittag, in der schon tief stehenden Sonne, ist sie es nicht. Vielleicht liegt es daran, dass der Platz zur anderen Seite hin von den sauberen Fassaden des neu gebauten Altstadtteils eingerahmt wird. Ich spüre Geschichte, weiß, dass hier einst der bedeutendste Tempel des Altertums stand und sich die Mauer vor mir noch weitere 12 Meter unter den heutigen Platz erstreckt. Hier hatten die Juden einst ihren Gott angebetet, geopfert, erlesenste Dinge gespendet.

Zum letzten Ziel müssen wir es in 10 Minuten schaffen. Der Garten Gethsema schließt um 17 Uhr, dann wird es außerdem sehr schnell dunkel in diesen Breitengraden. Wir schaffen es. Die Ölbäume sind zwar "nur" rund 1000 Jahre alt, aber ich kann mir vorstellen, wie es ungefähr ausgesehen haben mag, als Jesus hier seine letzte Nacht in Freiheit mit seinen Jüngern verbrachte.

Vom Garten aus schaue ich hinauf zur Stadt. Die Mauer liegt in voller Breite vor mir, dahinter erheben sich die Häuser und Dächer. Viel zu kurz war die Zeit, um alle Orte auf sich wirken zu lassen, sich von Touristen und symbolischen Stätten an falschen Stellen zu lösen und sich einfach nur vorzustellen, was sich zumindest irgendwo in der Nähe in welchem Umfeld abgespielt hat. Gerne würde ich einmal länger wiederkommen nach Jerusalem.

Der heutige zweite Israel-Tag begann mit immerhin weniger Wartezeit vor den Kontrollen. Auch blieb nur ein halber Tag Zeit für die Fahrt zum Galliläischen Meer.

Erster Halt: Nazareth. Eine durch und durch arabisch geprägte Stadt mit der Verkündigungs-Kirche an dem Ort, an dem Maria durch einen Engel von der Geburt Jesu erfahren haben soll.

Viel weniger als die Kirche selbst interessierte mich der Hinweis der heutigen jüdischen Teiseleiterin auf eine Synagoge ein Stückchen weiter, die an der Stelle stehen soll, an der Jesus damals von den Schriftgelehrten hinausgejagt und die Straße hinabgetrieben wurde, auf der wir heute standen. Da hatte ich wieder ein kleines Stück Vorstellung: die damaligen Häuser am Hang hinter der Synagoge, die steile Strasse hinunter.

Auch der zweite Ort, den wir anfuhren, besteht nur noch aus neuen Häusern. In Kanaa hatte Jesus sein erstes - und aus meiner Sicht wichtigstes - Wunder gewirkt und bei einer Hochzeit aus Wasser Wein gemacht. Kanaa lebt heute vom Verkauf von Wein und von einer Kirche, in der Verheiratete ihren Treueschwur erneuern können.

Letzter Punkt: das Galliläische Meer und ein Stück des Jordantals. Noch bevor wir den See erreichten fällt auf, wie grün und fruchtbar die Gegend ist, weshalb sie heute von etlichen Kibutzen bewirtschaftet wird.

Der See selbst ist 21 Kilometer lang und 12 Kilometer breit und er liegt 250 Meter unter dem Meeresspiegel. Wir halten an einem Aussichtspunkt genau auf Meereshöhe und haben trotz etwas diesigen Wetters einen schönen Blick. Allerdings nicht nur auf den See, sondern auch auf das nur wenige Kilometer entfernte Jordanien. Und auf die Golanhöhen, die sich unmittelbar am gegenüberliegenden Ufer des Sees erheben und im Sechstagekrieg durch Israel von Syrien erobert wurde. Bis zum Bürgerkriegsland Syrien sind es von unserem Standpunkt aus nur gut 20 Kilometer.

Was dann geschieht, ist beinahe filmreif. Denn noch während die Reiseleiterin und die gegenüberliegenden Feindesländer Israels erklärt ertönen aus dem Tal herauf Punkt 11 Uhr Sirenen. "Nur eine Übung für die Schulkinder", beruhigt sie uns. Für uns Besucher ist das dennoch ein Symbol dafür, wie man in Israel mit der ständigen Kriegsgefahr lebt.

Wir fahren hinunter zum See an die Stelle, an der der Jordan aus dem See herausfließt. Wer will darf sich hier taufen lassen, im Baptizm Center, weil Jesus irgendwo im Jordan von Johannes getauft wurde. Drei aus unserem Bus wollen es tun. Die obligatorisch wrißen Kleider sind im Preis inbegriffen.

Und dann stehen wir alle am Jordan, oben auf den Stufen, die ins Wasser führen und mit Gittern säuberlich geteilt sind, damit sich die einzelnen Besuchergruppen nicht ins verzückte Gehege kommen. Schließlich erscheinen unsere drei, umgezogen und weiß gewandet. "Hierher, hierher, Taufe Bus 16 bitte hierher!" ruft unsere jüdische Reiseleiterin. "Kommen Sie in das heilige Wasser!" Die Verwandten haben die Kameras bereit, vorsichtig wird die Wassertemperatur mit den Zehen geprüft. Dann stehen die drei bis zum Bauch im Wasser. Wer denn nun taufe, fragt einer. "Sie sich selbst" antwortet die Reiseleiterin. Sie finden das Wasser dann doch etwas kühl, lassen sich im Jordan stehend noch ein paar mal fotografieren. Für ein paar der Gruppe werden noch rasch mitgebrachte Trinkflaschen ausgeleert und dann mit "heiligem Wasser" gefüllt. Immerhin: niemand erkältet sich, die Haare bleiben trocken und eine Taufurkunde gibt es auch. Johannes der Täufer kriegt es zum Glück ja nicht mehr mit.

Um 13 Uhr sind wir Kreuzfahrer dann wieder auf dem Weg zum nächsten Ziel. Für mich bleiben ein paar besondere Eindrücke von Orten und Landschaften, die ich gerne noch einmal ausführlicher in einem hoffentlich friedlichen Israel erweitern würde.


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Mit Spanferkel gen Israel

12/2/2013

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Es ist ein italienisches Schiff. Mit internationalen Gästen. Franzosen, Spanier, Amerikaner, Japaner, Deutsche und natürlich Italiener.

Und heute Mittag bin ich plötzlich etwas nachdenklich. Ich beiße gerade in die kräftige Scheibe Spanferkel und nehme einen Schluck Bier. An Deck ist heute "Oktoberfest", mit bayerischen Fahnen, Paulaner und annähernd bayerischem Essen.

Und dabei fällt mir dann ein, dass es der Tag ist, bevor wir Israel erreichen. Ich bin unschlüssig: hat der Kreuzfahrt-Veranstalter sich einfach nichts gedacht oder ist das einfach diese Normalität, dass man mit deutschem Brauchtum an Deck israelische Gewässer anlaufen kann?

Ich selbst habe mich als Deutscher nie schuldig oder verantwortlich für das Schicksal der Juden im 3.Reich gefühlt. Nie fühlen müssen. Zu jung, zu unbelastet. Habe auch immer gedacht, dass es jetzt mal alles lange genug her ist, um sich nicht auch unbelastet gegenüber treten zu können als Israeli und als Deutscher.

Und dann sitze ich da mit meinem Schweinebraten und frage mich doch, wie es sein wird, morgen zum ersten Mal israelischen Boden zu betreten. Die weiße Fahne mit dem blauen Davidsstern wegen zu sehen. Alles ganz normal? Israel nur ein historisches Land mit vielen biblischen Orten? Oder werden sie mich doch besonders beobachten, als Deutschen?

Ich denke, ich werde morgen kein buntes T-Shirt mit irgendeiner nichtssagenden Beschriftung anziehen. Sondern ein einfaches, einfarbiges Poloshirt, einen Tick seriöser.

Und irgendwie würde es mich freuen, wenn ein Israeli mich morgen einfach fragen würde: "Deutschland? Habt Ihr nicht dieses Weißbier?"
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Lila Blumenkohl

10/2/2013

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Wenn man bei 3 Grad in Savona abfährt, dann 38 Stunden und 520 Seemeilen später Sizilien anläuft, erwartet man eines: dass es wärmer ist.

Heute morgen, beim ersten Blick auf Cantania, pfiff ein kalter Wind über das Deck. Vom Jeep aus der Blick auf das südlichste Süditalien: eine dreckige Stadt - verglichen mit Rom und Savona - , abgerissene Plakate, manche Straßennamen nur mit schwarzer Farbe an Häuserwände gesprüht, die Ränder der Autobahnauffahrt gepolstert mit Müll.

Einige Kilometer weiter verlassen wir die Autobahn und das Bild wird etwas anders. Kleine Ortschaften mit Kirchen, bei 8 Grad in Schals vermummte Männer mit dicken Jacken verkaufen am Straßenrand Äpfel, Orangen und lila Blumenkohl. Der ist doppelt so groß wie unserer und hat seine Farbe dem Boden zu verdanken, auf dem er wächst - Lava. "Hier ist alles schon Ätna" erklärt unser Fahrer. Im Durchschnitt sollen die Leute hier 100 Jahre alt werden. Sie haben besonderen Honig, besonderen Wein. Auf neuer, reiner Erde aus dem Schlund des Berges gewachsen, den sie hier nur ehrfürchtig "Sie" nennen.

Auf Serpentinen geht es nach oben. Und plötzlich ist sie überall rechts und links der Straße. Die Lava. Und etliche kleine Marienstatuen. An denen sie hier beten, dass die Lava nicht eines Tages ihre Häuser verschlingt.

Große, schwarze Brocken. Dazwischen junge Bäume. Der Fahrer zählt die Jahreszahlen auf, in denen die einzelnen Lavaströme entstanden. 1845, 1986, 2004.

Zwischenhalt bei 1800 Metern. Ein eisiger Wind treibt Schneeflocken vom Berg herunter. Die Augen tränen. Der Gipfel mit seinen insgesamt 250 aktiven Kratern hüllt sich in Wolken. In der Berghütte gönnen wir uns einen Espresso, einen Becher des Weins von hier spendiert der Fahrer. Ein feinherber Dessertwein, etwas besonderes. Auf dem Fernseher läuft ein Video mit den rotglühenden Lavaströmen der letzten großen Ausbrüche.

Dann geht es weiter auf 2000 Meter Höhe. Rechts und links schneebedeckte Lavabrocken. Ein bizarres Bild. Weiter kommen wir mit dem Auto nicht. Von hier führt nur noch ein Lift weiter hinauf zu den Kratern. Heute in die undurchdringliche Wolkenschicht eines Schneesturms. Keine Chance auf qualmende Krater. Dafür hier unten ein sizialinisches Skiparadies. Mit Holzhütten, die Snowboards und Skier verkaufen. Schlittenhänge sind der Hit bei den Familien, die heute ihren Sonntagsausflug hierher gemacht haben.

Wir fahren wieder nach unten. Langsam wird der Schnee weniger, bestimmen wieder Weinstöcke und Obstbäume das Bild. Und dazwischen die grauschwarzen Lavabahnen, die erst kurz vor den ersten Ortschaften enden. Die Mebschen und ihre Lebensgrundlage in den letzten Jahren noch verschont haben.

Um 17.30 Uhr legt unser Schiff von Sizilien ab. Die untergehende Sonne malt die Wolken orange und rosa an. Catiliana leuchtet mit tausenden Lichtern. Und "Sie" hüllt sich komplett in Wolken.

Eine Viertelstunde später schaue ich noch mal zurück auf die Insel. Und da: ein Stück der Wolkendecke ist aufgerissen. Und da schimmert es rotglühend und klein vom Berg. "Sie" hat doch noch zum Abschied einen Blick auf einen ihrer Krater gewährt.
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Betroffen am Mittelmeer

8/2/2013

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Jetzt also auf einer schwimmenden Kreuzfahrtstadt im Mittelmeer. Mit bestem Essen und Trinken rund um die Uhr.

Zusammen mit bayerischen Rentnern, die vorher schon im Dezember auf dem selben Schiff unterwegs waren. Die Generation eben, die noch eine Rente zum Genießen hat. Kurz denke ich betroffen: "Die haben es noch gut."

Dank All-inklusive-Getränkepaket unterschreibe ich an den Abenden irgendwelche 0.00€-Rechnungen und sehe ausgelassenen Schwäbinnen in Cordhosen beim Mambo-Nr.5-Tanz zu.

Noch vor dem ersten Ablegen gab es vorschriftsgemäß die "Sicherheitsübung". Und die Erkenntnis: der Italiener eignet sich nicht dafür, so etwas ernsthaft, ohne Schäkern und Spaßen abzuhalten. Das macht mir an sich keine Angst, schon eher der chinesische Passagier, dem es erst kurz vor Ende der Übung gelang, seinen Sammelpunkt "E" zu finden.

Heute waren wir dann im Fürstentum Monaco. Der zweitkleinste europäische Staat leistet sich drei unterirdische Parkhäuser nur für Busse. Und dennoch: nur einen Ferrari habe ich gesehen und viele Smarts. Werden die Reichen etwa ärmer?

1. Stop Altstadt: Villa Prinzessin Caroline, Villa Prinzessin Stephanie. Kathedrale mit frischen Blumen auf den Gräbern von Gracia Patricia und Fürst René. Vor der Kathedrale der Blick nach oben in die Berge. Da oben sei sie damals verunglückt, sagt Reisedührerin Laura.

Der geneigte Gala-Leser ist kurz ergriffen, dann weiter zum Past. Wachablösung von 11 Uhr 55 bis um 12. Schwarze Gewehre werden präsentiert, Menschen halten Kameras über ihre Köpfe und folgen den Marschierenden, ohne sich gegenseitig über den Haufen zu laufen. Das scheint mir die wahre Leistung auf dem Platz zu sein.

Dann noch 20 Minuten Zeit, drei Gässchen stehen zur freien Zeiteinteilung zur Verfügung. Gegen den Hunger finde ich ein "Grilly", ein belegtes Baguettchen für 4,50€. Beinahe bin ich etwas betroffen.

Dann weiter zum nächsten Stop im nächsten Busparkhaus. Das eigentliche Monte Carlo. Zu Fuß ein Stück der berühmten Rennstrecke gehen, Blick in den dunklen Tunnel und auf die engste Kurve der Formel 1. Die rot-weißen Randstreifen weisen das ganze Jahr über hochmotorisierten Besuchern des Kasinos den Weg. Da oben sitzen sie im Café Paris und versuchen, abends die Spielbank zu sprengen. Laura erzählt, es gibt sogar ein teures Hotel oben direkt über dem Meer, das sie hier "das Selbstmörderhotel" nennen, weil dort schon einige in den Tod sprangen, die im Casino alles verloren. Ich fühle mich nicht wirklich betroffen.

Betroffen war ich heute morgen, als ich auf dem langen Flur zwischen den Kabinen das thailändische Mädchen habe singen hören, das beim Bettenmachen irgendein Lied aus seiner Heimat sang. 1000 Kilometer davon entfernt, immer lächelnd und freundlich grüßend.

Heute Abend wieder Getränke frei und morgen nur ein Seetag. Eine gefährliche Kombination.
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Rom mit Robe

6/2/2013

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Sollte Petrus wirklich auch nur ansatzweise etwas mit dem Wetter zu tun haben, dann war seine Botschaft heute morgen unmissverständlich: es regnete, nein es goss in Strömen, als wir uns auf zum Vatikan machten.

Unsere ersten feuchten Schritte lenkten uns zunächst zu den Vatikanischen Museen. Vorbei an 30 Meter hohen Mauern, hinter denen sich eine der größten Sekten seit Jahrhunderten versteckt.

Nach dem Eingang heißt es: Sicherheitskontrolle wie am Flughafen: Jacke aus, Kamera, Handy, Uhr durch den Durchleuchter.

Die Ausstellung ist beeindruckend. Alles, was Kreuzfahrer und Besucher über Jahrhunderte anbrachten: Mumien aus Ägypten, Keilschriften aus Ninive. Und auch die griechische und römische Kunst ist vertreten. Nackte, muskulöse Körper, gesammelt von den frühen Päpsten.

Und natürlich beeindrucken auch die weltberühmten Kunstwerke von Raphael und Michaelangelo. 22 Jahre hat der arme Mann die Sixtinische Kapelle gestaltet, Tag und Nacht, auf dem Rücken auf Gerüsten liegend. Die in den 80ern restaurierten Farben leuchten in beeindruckender Strahlkraft, hunderte nach hinten gestreckte Touristennacken aus aller Welt danken es ihnen. Fotografieren ist verboten.

Nach den vatikanischen Museen heißt es wieder Schlange stehen. Und Jacke aus, Fotoapparat, Handy, Uhr durch den Durchleuchter. Auch der Petersdom soll anschlagsfrei bleiben.

Innen enttäuscht mich der bedeutendste Sakralbau der Katholiken wie schon vor 23 Jahren. Alles ist groß, ja. Viel Gold, viele Kapellen, viele Inschriften, viele Päpste. Ungeordnet, Wild überladen. Nicht ehrfurchtgebietend wie so manch alter Dom in Deutschland, sakral in der fühlbaren Bedeutung ihrer Erbauer.

Wenn nicht von innen, von oben bietet der Petersdom viel. Wenn man erst mal oben ist. Man nehme den Aufzug, um danach nur noch 320 Stufen weiterzusteigen. Nur knapp 70 Zentimeter breit ist der Treppendurchgang am Ende. Rechts und links von einem sind die Wände gemäß der Kuppelrundung schräg, was meinen hechelnd atmenden Schwindel noch verstärkt. Die letzten Stufen sind als Wendeltreppe ausgebildet, nur noch 50 Zentimeter breit, ein dickes Tau in der Mitte bildet die einzige Haltemöglichkeit. Platzangst überkommt mich.

Dann stehe ich mit weichen Knien im Wind der Plattform, keuche und blicke auf Rom, so weit das Auge reicht. Der Schwindel weicht, ich erkenne einzelne Kuppeln und Gebäude wieder.

Dann der Rückweg. Stufen, genau so viel, genau so schmal. Am Aufzug erfahren wir: "Out of order, sorry." Zwei Minuten seien es zu Fuß nach unten, erklärt der junge Vatikanangestellte lächelnd.

Nach 8 Minuten bin ich unten, keuchend, mit weichen Knien, sinke schwindelig auf eine Steinbank, eins mit den salbungsvoll auf mich herabblickenden Heiligen.

Irgendwann schaffe ich den Rückweg, unterbrochen von einem lebenspendenden Bier in einer Trattoria.

Der Vatikan ist nicht Rom. Und wenn ich Rom eines Tages wieder besuche, wird der Vatikan nicht auf meinem Programm stehen.
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    Mathias Piecha

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