Es muss einmal klar gesagt werden: Auch die Deutsche Telekom steht oft vor nahezu unlösbaren Aufgaben. Ich meine nicht das Einholen von Erlaubnissen zur Lastschriftabbuchung oder vom Verschicken von Rechnungen. Nein, ich rede vom Worstcase -Szenario schlechthin: dem Auftrag eines neuen Kunden.
Der Auftrag
Ich möchte ungern drumherum reden und gebe es hier auch offen zu: ich war selbst jüngst Auslöser eines solchen Szenarios. Direkt, nachdem ich von meinem Umzug Kenntnis hatte, beauftragte ich mit voller Absicht einen VDSL-Anschluss an meiner neuen Adresse mit gleichzeitiger Kündigung meines DSL-Anschlusses bei einem anderen Anbieter an meiner alten Adresse, um auch noch heimtückisch den Wechselbonus einzustreichen.
Um noch einen draufzusetzen machte ich es noch schwieriger: den Auftrag reichte ich erst zweieinhalb Monate vor dem Umzug ein. Verglichen mit der Dauer von Beantragung bis Umsetzung eines Telefonanschlusses in der DDR unverschämt kurzfristig und selbstverständlich nicht zu schaffen.
Das Unheil im Unternehmen Deutsche Telekom nahm denn auch seinen unvermeidbaren Verlauf und raste von nun an unaufhaltsam auf das Scheitern des Auftrages zu.
Die Kündigung
Schon der Auftrag an sich bot allerhöchste Gefahren. Diese lassen sich so zusammenfassen: Anbieter 1 (mit Kündigungsfrist jeweils zum Monatsende) an Adresse 1, Anbieter 2 (Deutsche Telekom) an Adresse 2. Wer soll da nicht durcheinander kommen?
Eben. Auch bei der Telekom arbeiten schließlich nur Menschen. Es wurde also versucht, Anbieter 1 an Adresse 2 zu kündigen. Zweimal. Anbieter 1 lehnte jeweils ab mit der Begründung, an Adresse 2 betreibe er keinen Anschluss.
Eine hilflose Telekom-Mitarbeiterin rief mich nach sechs Wochen also an, um mir betroffen mitzuteilen, mein Altanschluss könne an Adresse 2 nicht gekündigt werden. Manchmal neige ich zur Naivität, so auch hier. Denn ich verwies auf meinen Antrag und darauf, dass ich ja noch gar nicht an Adresse 2 wohne und also dort auch gar keinen zu kündigenden Anschluss haben könne. Was ich natürlich nicht wissen konnte: so war das im System nicht hinterlegt. Ich Dummerchen aber auch! Ich nannte der Dame also Anschrift 1 - die ihr und dem System völlig unbekannt war -, damit dort nun Anbieter 1 gekündigt werden könnte.
Es wäre unfair, nicht auch zu erwähnen, dass die Telekom inzwischen durchaus schon eine wichtige Etappe in der Bearbeitung meines Auftrages erfolgreich zurückgelegt hatte. Denn bereits nach zwei Wochen hatte mich schon das Formular zur Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung erreicht.
Zwei Wochen später erhielt ich die Kündigungsbestätigung von Anbieter 1, wahrscheinlich machte mich das übermütig und kopflos. Denn ich begann erneut meiner Naivität Raum zu geben und anzunehmen, der Auftrag werde nun abgewickelt und zum oder zumindest kurz nach dem Umzug hätte ich an Adresse 2 einen VDSL-Anschluss von Anbieter 2.
Der Anschluss
Vier Tage vor dem Umzug erhielt ich eine Email von Anbieter 1. Der Anbieter 2 - also die Deutsche Telekom - habe ihn gebeten, den Vertrag noch vier Wochen weiterlaufen zu lassen, da Anbieter 2 nicht genügend Ressourcen habe, den Anschluss rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.
Ich möchte es nicht wirklich als gelungene Idee bezeichnen, dass ich auf die Idee kam, nun die Hotline der Telekom anzurufen. Denn damit machte ich das Chaos offenbar erst noch komplett.
Die Mitarbeiterin des Call-Centers fragte ich also, warum mein Anschluss sich verzögere, der doch schon so lange beauftragt worden sei. Von notwendigen Baumaßnahmen war nun die Rede. Deshalb solle ja Anbieter 1 vorerst weiter liefern. Ich stellte die Frage, die ich stellen musste, auch wenn ich damit die Dame in echte Schwierigkeiten brachte: Könnte mich denn Anbieter 1 von meiner bisherigen Adresse 1 plötzlich einfach an Adresse 2 weiter versorgen, wenn es dort nicht einmal Anbieter 2 schafft? Es wurde still am anderen Ende der Leitung. "Nein, wohl nicht", drang es schließlich aus dem Call-Center. Da habe ein Mitarbeiter wohl etwas Falsches ins System eingegeben. Sie versprach, Anbieter 1 schnellstmöglich zu unterrichten, dass der Vertrag doch nicht weitergeführt werden solle. Außerdem wollte sie sich bei der Technik erkundigen, was genau noch an Adresse 2 gemacht werden müsse. Da es schon nach 16 Uhr sei würde sie aber heute keinen mehr erreichen. Definitiv könne sie mir jedoch direkt zum Umzug keinen Anschluss zur Verfügung stellen.
Die Alternative
Wie ich denn in vier Tagen die nach einem Umzug stets wichtigen Telefonate, Internetrecherchen und Emails erledigen sollte, fragte ich. Wie gemein! Schließlich hat die Deutsche Telekom doch für leidgeplagte und gestresste Menschen, die sich neben einem Umzug auch noch eine Beauftragung dieses Unternehmens aufhalsen, eine Lösung. Denn: man könne mir eine Sim für Datenverkehr zuschicken, natürlich nur die Sim ohne Hardware wie Stick oder gar LTE-Router. Diese Sim sei 2 Monate gültig und ich könne damit ein Gigabyte an Daten pro Monat kostenlos nutzen, bis die Geschwindigkeit auf Nordkorea-Niveau gedrosselt würde.
Ich erwähnte bereits, dass ich wohl doch gerade sehr gemein drauf war. Wie ein Zwei-Personen-Haushalt einen Monat mit einem Gigabyte auskommen solle, fragte ich unverfroren. "Aber dafür ist es kostenlos", war die Antwort. Ich wurde vermutlich etwas lauter, so dass es am Ende eine Sim mit 5 Gigabyte sein sollte. Außerdem erhielt ich das Versprechen, sie würde sich am nächsten Tag mit frischen Infos von der Technik und wie es bis wann weiterginge melden.
Die Technik
Machen wir es kurz. Sie meldete sich nicht. Zumindest nicht bis mittags, was mich an einem Freitag, an dem man einem Telekom-Techniker wahrscheinlich schon ab 11 Uhr sein wohlverdientes Wochenende gönnen muss, etwas unruhig machte.
Ich rief also die Telekom-Hotline an. Nächste Call-Center-Mitarbeiterin, neues Glück. Nein, Anbieter 1 war nicht informiert worden, dass der Vertrag nicht verlängert werden sollte. Und überhaupt habe der doch mitgeteilt, dass er mich erst vier Wochen später aus dem Vertrag lassen wolle, deshalb könne die Telekom ja auch noch gar nicht tätig werden. Von einer zuzusendenden Simkarte sei auch nichts im System. Es erfolgte mal wieder meine Erklärung des Unterschiedes zwischen Adresse 1 und Adresse 2 angesichts des drohenden Umzugs, die aufrichtige Einsicht der Dame und schließlich sogar noch die Weiterleitung an einen Herrn von der Technik.
Niemand sollte den Frevel begehen, zu erwarten, in der Technik könne man unmögliches möglich machen. Denn: Mein Auftrag von vor zweieinhalb Monaten existierte gar nicht im System der Technik. Deshalb wäre man selbstverständlich auch noch nicht tätig geworden und von etwaigen Baumaßnahmen könne also gar keine Rede sein.
Was nun, angesichts der verworrenen Lage mit Anbieter 1 und 2 nötig sei, wäre eine komplette "Systembereinigung, nichts was man mal eben mit einem Fingerschnippen erledigen kann", so der versierte Herr. Erst dann könne man die Leitung durchmessen und irgendetwas zum etwaigen Zeitpunkt und bis dahin notwendigen Maßnahmen einer Leitungsbereitstellung sagen. Man wolle sich dann melden.
Inzwischen ist es Freitag Abend. Von Anbieter 2 habe ich nichts mehr gehört. Wohl aber von Anbieter 1, dass er von der Telekom informiert worden sei, den Vertrag nicht zu verlängern.
Somit ist eines nun klar: Am Montag werden wir umziehen, es wird an Adresse 2 keinen Anbieter 1 mehr geben und natürlich auch keinen Anbieter 2. Vielleicht, wenn das Glück uns hold ist, wird eine Simkarte im neuen Briefkasten auf uns warten. Und selbstverständlich freue ich mich schon auf die Gespräche mit der Telekom-Hotline, um die Karte zu aktivieren.
Update 19.09.
Auch am Samstag Nachmittag geht die Telekom eifrig weiter in die falsche Richtung - bemüht aber sinnlos. Eben erreichte mich ein Anruf auf meiner Mailbox (nach dreimal Klingeln war ich nicht rechtzeitig am Handy). Inhalt der Nachricht: Selbstverständlich werde mein Auftrag nun bearbeitet. Anbieter 1 sei nun informiert, dass man seine Leitung brauche. Ich weine leise. Stricke sind alle schon in den Umzugskartons.
Und dann doch noch eben ein Anruf von @telekom_hilft, die ich bei Twitter mit einem Link auf diesen Blog aufschrecken konnte. Angeblich wird alles getan, damit ich meinen Anschluss - sogar an Adresse 2 - schnellstmöglich erhalte. Silvester mit Internetanschluss - man wird ja wohl mal träumen dürfen.
Update 28.09.
Was hat sich bisher getan? Um es kurz zu machen: nichts. Ja, es gab Anrufe. Mit Beteuerungen und Entschuldigungen, zweimal Versprechen für Rückrufe, die nicht erfolgten, Geschichten von erkrankten Kollegen - was man halt so sagt, wenn man nichts zu sagen hat.
Es gibt sogar inzwischen einen Router, den man mir zugeschickt hat und für den ich seit heute Miete zahle, obwohl ich ihn nicht nutzen kann. Bestellt hatte ich ihn übrigens zum Kauf, nicht zur Miete. Da es völlig sinnlos wäre, das zu ändern, belasse ich es dabei und werfe hin und wieder einen Blick auf ihn, wie er so anschlusslos vor sich hin steht. Als Sinnbild für das Unternehmen Deutsche Telekom.
Ach ja: Die Daten-Sim der Telekom - als Ersatzleistung gedacht - verweigert seit Freitag die Einwahl in das UMTS- oder LTE-Netz. Manchmal gibt es ein Bälkchen Empfangsstärke, meistens keins. Mein eigenes Datenvolumen mit dem Handy bei O2 ist - wen verwundert es - inzwischen aufgebraucht. Ich bin also zur Zeit ohne Festnetz und meist komplett ohne Internet. Mein neuer Arbeitgeber wird am 1.Oktober eine Bescheinigung meiner Krankenkasse benötigen. Diese könnte ich online herunterladen. Könnte. Bisher ist es mir nicht gelungen, die Seite meiner Krankenkasse zu öffnen.
Wir schreiben das Jahr 2015. In Deutschland diskutiert man über die digitale Zukunft.
Update 29.09.
Oh ja, ich habe per Twitter meinen Unmut kundgetan. Darüber, nichts zu hören, nicht kontaktiert zu werden, Anruftermine nicht einzuhalten. Was zurückkam war Zuspruch von vielen Followern und deren eigene Erfahrungen. Per DM nannte eine Followerin die Telekom einen "Schweineladen". Wie viel angestauten Frust ich zu lesen bekam müsste eigentlich jedem zu denken geben. Ich selbst verstieg mich in einem Tweet zu dem Wort "verfickte". Einen Sprachgebrauch, nach dem man in meinen Tweets sonst vergeblich sucht.
Heute Nachmittag rief mich dann in der Tat wieder ein neuer Gesprächspartner von @telekom_hilft an. Seine Strategie: Angriff ist die beste Verteidigung. Die ersten 15 Minuten des Gesprächs in Kurzform: "Bevor ich mit Ihnen rede will ich Ihnen sagen, das Beleidigungen nicht gehen." - "Was haben Sie für Informationen für mich?" - "Sie haben 'verfickt' geschrieben. So kann ich kein konstruktives Gespräch führen." - "Dann fangen Sie doch einfach mal an, mir etwas zu meinem Anschluss zu sagen." - "Sie haben 'verfickt' geschrieben." - "Aber..." - "Sie haben 'verfickt' geschrieben."
Nach 15 Minuten kamen wir dann tatsächlich auf meinen Anschluss zu sprechen. Und zwar so. "Was hat man Ihnen inzwischen für Informationen gegeben, wie weit die Bearbeitung Ihres Auftrages ist?" - "Keine." - "Das kann nicht sein." - "Heißt das, dass Sie mich der Lüge bezichtigen?" - "Ich kenne meine Kollegen und weiß, dass sie immer alle Informationen an die Kunden weitergeben".
Es wurde dennoch noch so etwas wie konstruktiv. Ich erfuhr vieles über Arbeitsabläufe und Abstimmungswege bei der Telekom. Mein Eindruck: Deutsche Unternehmen sind nicht dafür gemacht, Prozesse nicht zu verkomplizieren. Immerhin weiß ich jetzt: normalerweise ist der 16.Oktober (!) fixiert, um meinen Anschluss in Betrieb zu nehmen, da erst bis dahin notwendige Ressourcen zur Verfügung stehen, irgendwo notwendige bauliche Maßnahmen durchzuführen. Auf Grund der "öffentlichen Eskalation" durch meine Berichterstattung will man versuchen, den Termin vorzuziehen. (Schlussfolgerungen dahingehend, was mit Kunden passiert, die nicht öffentlich eskalieren, überlasse ich jedem selbst.) Ich soll jetzt täglich telefonisch über den Stand der Dinge informiert werden.
Insgesamt habe ich das gleiche zugesagt bekommen wie schon am 19.09. (s.o.). Und es war wieder von einer Rufnummernmitnahme von Adresse 1 die Rede. Ich dachte, das wäre schon lange geklärt. Ein Blick zurück in meinen ursprünglichen Auftrag brachte den Kommunikationsmitarbeiter dann doch heute zu der Erkenntnis, dass ich diese in der Tat gar nicht beauftragt hatte. Und siehe da: es gibt sogar Alternativmöglichkeiten zu der angeblich alternativlosen Zustellung nackter Datensimkarten (s.o.).
Ich bleibe gespannt. Werden die versprochenen Anrufe vom neuen Ansprechpartner nun auch eingehalten? Wer eskaliert wie viel und warum und mit welchem Ergebnis? Und vor allem: Was wird aus meinem Anschluss? Bleiben Sie dran.
Update: Und tatsächlich hat es schon Mitte Oktober geklappt mit dem Anschluss.