Hochzeiten, Geburten, Todesfälle - mein Jahr hatte nichts dergleichen an Höhepunkten zu bieten. Und so bleibt mir von 2012 wohl besonders eines in Erinnerung: die Geschichte eines Tweets.
Es war ein Tweet, wie er einem wohl nur beim Sommerwetter 2012 aus den klammen Fingern fließen konnte. Er entstand am frühen Morgen des 12. Juli. Noch immer nachzulesen hier auf Twitter: https://twitter.com/Lassitudor/status/223315681494581248
Er schien das frostige Lebensgefühl vieler in diesem Sommer getroffen zu haben. Vieler, die bei Twitter über ihn schmunzelten. Und vieler anderer. Er sollte einer der wohl meistgeklautesten Sprüche im Internet und darüber hinaus in diesem Sommer werden.
Er schien das frostige Lebensgefühl vieler in diesem Sommer getroffen zu haben. Vieler, die bei Twitter über ihn schmunzelten. Und vieler anderer. Er sollte einer der wohl meistgeklautesten Sprüche im Internet und darüber hinaus in diesem Sommer werden.
Es fing klein an. Innerhalb der nächsten Tage hatte der Spruch auf Twitter eine ganze Schar neuer "Urheber". Oft Neue, die den Spruch vielleicht wirklich irgendwo gehört hatten und ihn dann auch einfach unter ihrem Namen verbreiteten. Oft auch welche mit tausenden von Followern, die sich auch sonst nicht immer die Mühe eigener Ideen machen.
30 Tweetkopierer schrieb ich damals persönlich an, dann gab ich auf. Auch, weil ich auf beleidigte und beleidigende Antworten keine Lust mehr hatte.
Es mag an meinem journalistischen Verständnis von Rechten an eigenen Ideen liegen, dass ich der Auffassung vieler nicht folgen konnte, die meinten, ich solle doch stolz sein, einen so guten Spruch gebracht zu haben, auch wenn ich nicht als Urheber genannt würde.
Und es sollte in den nächsten Tagen noch schlimmer für mich werden.
Als nächstes kamen die "Sprücheseiten" auf Facebook. Unten ein Beispiel von vielen. Kommentare, "wie geil" der Spruch doch sei, fand ich dann zwar inhaltlich richtig, doch trotzdem auf diesen Seiten irgendwie deplatziert.
30 Tweetkopierer schrieb ich damals persönlich an, dann gab ich auf. Auch, weil ich auf beleidigte und beleidigende Antworten keine Lust mehr hatte.
Es mag an meinem journalistischen Verständnis von Rechten an eigenen Ideen liegen, dass ich der Auffassung vieler nicht folgen konnte, die meinten, ich solle doch stolz sein, einen so guten Spruch gebracht zu haben, auch wenn ich nicht als Urheber genannt würde.
Und es sollte in den nächsten Tagen noch schlimmer für mich werden.
Als nächstes kamen die "Sprücheseiten" auf Facebook. Unten ein Beispiel von vielen. Kommentare, "wie geil" der Spruch doch sei, fand ich dann zwar inhaltlich richtig, doch trotzdem auf diesen Seiten irgendwie deplatziert.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich der Fairness halber, dass kreative Geister am Text auch selbst noch Hand anlegten, wie hier Radio Siegen:
Selbstverständlich bietet ein großes, modernes und erfolgreiches Soziales Netzwerk wie Facebook die Möglichkeit, Urheberrechtsverletzungen zu melden. Mittels des entsprechenden Online-Formulars tat ich das dann auch. Ich erhielt dreimal folgende Standardantwort per Email:
An dieser Stelle sei erwähnt, dass ich von anderen Usern weiß, dass Facebook diese Antwort in ähnlichen Fällen immer versendet. Und in der Tat scheint noch kein Fall bekannt, in dem jemand in einem Verfahren die Verantwortung von Facebook als Verbreiter von urheberrechtlich geschützten Werken gerichtlich klären konnte. Ein Grund: schon die verschiedenen Rechtssitze des Unternehmens - Irland, USA - würden das Ganze teuer und kompliziert machen. Aber nett, dass Facebook ein entsprechendes Formular anbietet.
Wenn also schon nicht Facebook selbst weiterhelfen mochte, im folgenden Fall hatte ich Spaß daran, mich an den Plagiator selbst zu wenden:
Wenn also schon nicht Facebook selbst weiterhelfen mochte, im folgenden Fall hatte ich Spaß daran, mich an den Plagiator selbst zu wenden:
Es entspann sich ein Email-Verkehr mit dem Management des Comedians. Eine Aussage darin lautete, dass es "sicherlich schwerfallen dürfte, die mögliche Urheberschaft von Mathias Piecha zweifelsfrei zu bestimmen (...) da es sich bei dem Spruch (...) um eine Variation des alten Witzes "Neulich in der Kirche hat sich jemand vor mir eine Zigarette angesteckt, da ist mir vor Schreck glatt das Bier aus der Hand gefallen." handelt", gefolgt von folgender Aussage:
Atze Schröder gehört jetzt neben Mario Barth übrigens zu meinen Lieblings-Comedians.
Es blieb in jenen Tagen nicht dabei, dass sich der Spruch allein auf Twitter und Facebook verbreitete. Das Fernsemagazin "taff" auf Pro7 ließ es sich am 19. Juli nicht nehmen, meinen Spruch von einer dieser "Witzeseiten" abzufilmen. Auch die Online-Angebote diverser Tageszeitungen entdeckten den Spruch für sich, so z.B. die Hamburger Morgenpost oder der Schweriner Kurier. Und natürlich auch BILD.de.
Es blieb in jenen Tagen nicht dabei, dass sich der Spruch allein auf Twitter und Facebook verbreitete. Das Fernsemagazin "taff" auf Pro7 ließ es sich am 19. Juli nicht nehmen, meinen Spruch von einer dieser "Witzeseiten" abzufilmen. Auch die Online-Angebote diverser Tageszeitungen entdeckten den Spruch für sich, so z.B. die Hamburger Morgenpost oder der Schweriner Kurier. Und natürlich auch BILD.de.
Man kann über BILD ja denken, was man will. Aber immerhin war man dort auf meine Rückmeldung, dass der Spruch ursprünglich von mir sei und ich als Quelle nicht genannt worden sei, teileinsichtig:
Nach 3 Mahnungen habe ich das Geld inzwischen auch tatsächlich erhalten.
Zwischenzeitlich machte mich dann die Printausgabe des "Hamburger Abendblatts" auf seiner Titelseite zu einem Hamburger:
Zwischenzeitlich machte mich dann die Printausgabe des "Hamburger Abendblatts" auf seiner Titelseite zu einem Hamburger:
Ja, der Spruch war in aller Munde. Heute, mit etwas Abstand, kann ich sogar darüber schmunzeln, was sich als Diskussionsbeitrag im Vespaforum findet:
Mein Spruch auf Twitter und Facebook, auf Onlineportalen und Newsseiten, im Fernsehen und auf Titelseiten von Tagesseiten - sollte das in jenem Sommer wirklich alles gewesen sein? Nicht ganz. Von einem Follower bei Twitter erhielt ich folgendes Foto aus einer Tankstelle in Norddeutschland:
Um mir als Fan meines eigenen Spruchs ein T-Shirt damit zuzulegen war es aber gar nicht nötig, Tankstellen abzuklappern. Bis heute kann man ein entsprechendes Kleidungsstück einfach bei online bei spreadshirt.de bestellen, ganz dem Inhalt des Spruchs entsprechend inzwischen auch als wärmende Kapuzenjacke.
Die T-Shirtangebote waren der Punkt der Geschichte, an dem ich wirklich endlich Geld für den bei mir geklauten Spruch sehen wollte. Ein Anwalt erarbeitete eine einstweilige Verfügung gegen den weiteren Verkauf der T-Shirts. Und das hier war die Antwort von spreadshirt.de:
Die T-Shirtangebote waren der Punkt der Geschichte, an dem ich wirklich endlich Geld für den bei mir geklauten Spruch sehen wollte. Ein Anwalt erarbeitete eine einstweilige Verfügung gegen den weiteren Verkauf der T-Shirts. Und das hier war die Antwort von spreadshirt.de:
Bei dem Versuch, die einstweilige Verfügung gegen den Verkauf von T-Shirts fortzusetzen, ohne dass ich als Urheber des Spruchs etwas davon habe, schlossen sich die Richter der Verwaltungsgerichte in Düsseldorf und Köln übrigens dieser Argumentation von spreadshirt.de an.
Das ganze ist nun ein Weilchen her. Meine Wut auf Internetnutzer, Comedians und das deutsche Rechtssystem ist nahezu verraucht. Inzwischen kann ich auch wieder mit Freude twittern. Und, ja, zuweilen trinke ich mir einen Glühwein. Ich fürchte, dabei werde ich immer an den Sommer 2012 denken.
Das ganze ist nun ein Weilchen her. Meine Wut auf Internetnutzer, Comedians und das deutsche Rechtssystem ist nahezu verraucht. Inzwischen kann ich auch wieder mit Freude twittern. Und, ja, zuweilen trinke ich mir einen Glühwein. Ich fürchte, dabei werde ich immer an den Sommer 2012 denken.