Mathias Piecha
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Einsam

11/4/2014

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Die Leere ließ ihn nicht ruhen. Tief in ihm brannte sie ein Loch in seine Eingeweide. Wenn er es körperlich spürte, an den Abenden, manchmal auch in seiner Limousine, dann wurde sein Blick besonders hart, während er sich auf irgendetwas konzentrierte, das er tun wollte. Tun musste.

Es war nicht immer so gewesen in ihm. Damals, zu Beginn der Macht, als alles unsicher war, aufregend, neu, beängstigend zuweilen. Dann hatte er die Menschen gesehen. Die, denen es schlecht ging, die warteten und hofften. Die, denen es besser ging, die nicht mehr warten wollten und die nichts mehr verlieren wollten, die er deshalb fürchten musste.

So vieles hatte er schaffen wollen, schaffen müssen. Und dennoch wollten so viele ihn behindern. Bis er lernte, sie zu zähmen. Um seiner selbst willen. Und um der guten Ziele wegen. Alles war viel zu groß, um es nicht mit harter Hand im Griff zu halten.

Doch das Gute wurde immer schwieriger. Die einen hassten ihn immer mehr, die anderen im Ausland waren anmaßend freundlich. Was konnte er noch geben? Wo war die tiefe Befriedigung über Erreichtes, der Seufzer der Entspannung?

Er war noch lange nicht am Ziel. Seine Ziele mussten wachsen und er würde mit ihnen wachsen. Nicht mehr nur zu Gast sein in der Welt. Nicht mehr nur mit einem Bauernmütterchen neben sich im Bett. Nicht mehr nur Friedhof für abgewrackt U-Boote, Almosen Empfänger für den eigenen Reichtum.

Die Welt hatte zu ihm zu kommen, ihn zu bitten, ihn zu beneiden. Dann würden auch die Seinen ihn lieben können. Ihn ehren für das, was er für sie tat. Mit ihm das Haupt stolz erheben.

Die Welt kam zu ihm, zu seinen Spielen. Doch sie ließen ihn allein. Während er lächelnd im Schnee feierte fraß der Schmerz in ihm. Die Einsamkeit, das Etwas, das fehlte. Mehr noch, noch viel mehr musste es sein, was ihm  doch endlich Befriedigung geben müsste. Wenn schon kein Respekt, dann wenigstens Furcht sollte es sein.

Und er begann das Äußerste. Endlich war er frei. Hatte endlich die Erkenntnis, dass er alles tun konnte. Dass er sogar alles tun musste, was möglich war. Warum nur hatte er es so lange nicht erkannt, was ihm Befreiung geben würde?

Und die Seinen begannen zu feiern, ihn zu lieben, ihm endlich jubelnd zu folgen. Dieses verhasste Brennen in ihm war kaum noch da, wich einer zitternden Spannung, der Aufregung der nächsten Schritte.

Jetzt würde ihn niemand mehr aufhalten.
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Die wollen das so

6/4/2014

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Ich mache seit 14 Jahren Radio. Und bin dabei immer wieder einem Satz begegnet: "Der Hörer möchte das so." Nur ein Beitrag pro halbe Stunde - der Hörer möchte das so. Der Beitrag höchstens 1:30, oder besser noch nur zwei moderierte O-Töne auf Musikbett - der Hörer möchte das so. Von amerikanischen Studien beseelte Programmmacher sendeten plötzlich "Formatradio". Weil "der Hörer das so wollte".

Als es beim Formatsender WDR2 vor Jahren eine Formatierung von Beiträgen auf maximal zwei Minuten geben sollte begehrte der verantwortliche Redakteur für den "Stichtag" auf, eine tägliche Serie zu geschichtlichen Ereignissen. Er erreichte, dass die Hörer wirklich gefragt wurden. Und siehe da: die 4 Minuten "Stichtag" fanden sie genau richtig, kürzer wollten sie ihn nicht.

Verstehe einer diesen Hörer! So schwer ist das aber gar nicht. Dieser Hörer ist nämlich gar kein dummer Berieselungsfanatiker. Er erkennt nur einfach, was gut gemacht ist, aufwendig recherchiert und gekonnt produziert. Wie z.B. die täglichen 4 Minuten "Stichtag", gut gemachte Geschichte mitten im Formatradio von guten Autoren.

Weiter gedacht: freie Autoren, die irgendwann mal irgendwie zum Radio kamen und mal eben einen O-Ton holen sollen werden auch oft nur Beiträge abliefern, die höchstens 1:30 lang das Interesse des Hörers finden. Wir haben also das Henne-Ei-Problem: wer war zuerst da, der sparende Redakteur im Sender oder der immer weniger hören wollende Hörer?

Wechseln wir das Medium. Hin zum großen Fernsehen. Wo man gestern Abend eine Institution beendete. "Wetten, dass...", Europas erfolgreichste Fernsehshow. Begründung der ZDF-Programmmacher: "veränderte Sehgewohnheiten" der Zuschauer. Da ist es wieder! "Der Zuschauer möchte das nicht mehr".

Rückblende. Markus Lanz übernahm von Thomas Gottschalk "Wetten, dass..." mit dem Vorsatz, es alles ein bisschen mehr so zu machen, wie der Zuschauer es will. Also z.B. mit Privatfernseh-Nervmoppel Cindy von Marzahn, mit Promi-Sackhüpfspielchen, um den Dschungelmadenesser guckenden Zuschauer nicht zu überfordern.

Als Markus Lanz zum ersten Showauftritt in die Halle stürmte tat er das mit so einem peinlich schlechten Eingangsgag, dass man sich fragen musste, was für ein Niveaulimbo Lanz da glaubte, spielen zu müssen, um den Zuschauer für sich zu gewinnen.

Als sich internationale Stars wie Tom Hanks einfach nur noch auf der Lanz-Couch verarscht vorkamen ob des schulfestmäßigen Gehopses war die Reaktion von Lanz und ZDF: in Zukunft weniger internationale Promis in der Sendung. Aha! Denn die Quoten bröckelten bereits und der Zuschauer wollte wohl weniger Amerikaner in der Sendung, schon gar keine, die die deutsche Sendung scheiße fanden.

Nein! Auch hier ist "der Zuschauer" wieder nur der vorgeschobene Deckmantel für die unsägliche Unfähigkeit der Programmmacher, noch Qualität abzuliefern.

Trotz immer größerer Konkurrenz am Samstagabend: Gottschalk hatte immer noch Quote gemacht. Ohne Cindy, mit amerikanischen Hollywood-Größen. Und wer mit dem Dschungelcamp schon am oberen Ende seiner geistigen Aufnahmefähigkeit angelangt war guckte auch damals nicht "Wetten, dass...".

Aber der Zuschauer bekam noch gut gemachte Unterhaltung, von einem blondgelockten Profi, der sein Handwerk gelernt hatte. Übrigens beim Radio, zu einer Zeit, als es noch kein Formatradio gab.

Es stirbt mit "Wetten, dass..." nicht einfach nur eine ehemals große Fernsehsendung. Wir erleben das Ende einer Zunft. Unterhaltungsprofis mit Gespür für Qualität haben keine Chance mehr, irgendwo heranzuwachsen und zu lernen, sich und erst recht Formate zu entwickeln. Die Formate sind schon da, und wer mitspielen möchte muss sich in diese Formate pressen lassen.

Aber ich behaupte: Zuschauer und Zuhörer können am wenigsten dafür.
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