7 Uhr 20. Unser Schiff legt an. 40 Minuten zu früh, aber das ist gut so. Die Überraschung lässt sich bestimmt nutzen, um einen noch besseren Überblick zu bekommen.
Punkt 7 Uhr war ich schon beim Frühstück. Nur keine Zeit verlieren. Das Angela-Merkel-T-Shirt aus dem NRW-Wahlkampf hatte ich gestern Abend noch einmal mit dem Reisebügeleisen in faltenfreie Form gebracht, einen 10-Euroschein lasse ich gekonnt lässig ein Stückchen aus der Jackentasche gucken. Sie sollen hier schon wissen, mit wem sie es tun haben.
Dann geht es von Bord. Eins fällt auf: Humor haben sie hier auf Rhodos - auf einigen Gebäuden weht noch die griechische Fahne. Vielleicht konnten sie aber auch einfach keinen mehr bezahlen, um sie herunterzuholen.
Ein älterer Mann ruft mir zu: "Sorry! Taxi?" Selbstbewusst antworte ich: "Nein, Tourist! Aus Deutschland!" Ich schreibe seine Frage einer schon lange nicht mehr korrigierten Sehstärke zu und gehe weiter in Richtung Stadtmauer. Außer dem Alten, der eine Mitfahrgelegenheit sucht, und ein paar Italienern und Spaniern, die hinter mir eher verschämt ebenfalls das Schiff verlassen haben, ist niemand zu sehen.
Als ich gegen 8 Uhr die Altstadt betrete werden meine schlimmsten Erwartungen erfüllt. Nicht ein einziges Geschäft hat geöffnet. Alle Rolläden sind heruntergelassen, die Schaufenster noch vergittert. Offenbar hält es hier niemand mehr für nötig, trotz der Ankunft eines großen Kreuzfahrtschiffes einheimische Waren und Erzeugnisse feilzubieten.
Eine Frau kommt mir entgegen, sieht mich an und sagt etwas wie: "Jammer." "Nix jammern, arbeiten!" rufe ich ihr nach. Insgeheim hoffe ich, dass sie wenigstens unterwegs zu einer Putzstelle oder einer anderen Aushilfstätigkeit ist.
Traurig und ziellos gehe ich durch die alten Gassen, die schon so viel bessere Zeiten gesehen haben. All mein Geld, hier ist es so nutzlos verschwendet, weil die Menschen sich offenbar bereits völlig aufgegeben haben.
Endlich, es muss etwa so Viertel vor 9 sein, werde ich doch aus meinen trüben Gedanken gerissen. An einem der Geschäfte ist tatsächlich der Rolladen oben und ich sehe verschiedene Lederwaren. "Tüchtig, tüchtig!" rufe ich aufmunternd hinein.
Es ist, als ob doch einer der Einheimischen unser Schiff entdeckt hat und den Übrigen Bescheid gesagt hätte, denn auf einmal sehe ich immer mehr der kleinen Geschäfte, sogar Cafés und Imbissstuben, die zu öffnen scheinen. Sollte doch noch Hoffnung für Griechenland bestehen?
Auf den zweiten Blick wird mir jedoch klar, dass hier noch längst nicht alles so ist, wie man es für erfolgreiche Geschäfte erwarten müsste. Ich beschließe, als Einwohner des erfolgreichsten europäischen Staates praktische Hilfe zu leisten. Denn schließlich geht es ja auch um mein Geld.
In einem der Lädchen, das Schmuckwaren aus Gold und Silber zu führen scheint, mache ich den Anfang. Den Besitzer sehe ich innen beim Ordnen einiger Ketten. "Guten Tag, guter Mann", spreche ich ihn an. "Guten Morgen, mein Herr" kommt es in erfreulich gutem Deutsch zurück. "Entschuldigung, wir haben noch nicht..." - "Schauen Sie", unterbreche ich ihn. "Wenn Sie diese Körbe mit den Armreifen nach draußen stellen würden, würde das viel mehr Kunden anlocken" erkläre ich ihm und mache mich auch schon daran, einen der braunen Flechtwerkkörbe nach draußen zu tragen. "Was machen?" ruft er da. Und reißt mir die Waren aus der Hand. "Hau ab, sonst Polizei!" Wie traurig, hier scheint meine Hilfe nicht erwünscht zu sein.
Ich eile weiter. In der nächsten Straße fällt mein Blick sofort auf zwei Geschäftchen, die sich fast gegenüber liegen und die nahezu identischen "I love Rhodos"-T-Shirts anbieten. Die Verkäuferin sehe ich innen mit einem Putzlappen. "Guten Morgen", sage ich. Auch sie sagt irgendwas mit "Jammer", aber das überhöre ich jetzt einfach. "Schauen Sie", beginne ich meine Erklärung. "Sie haben hier die selbe Ware wie Ihr Kollege gegenüber". - "Mein T-Shirt besser!" versucht sie mich zu überzeugen. "Das stimmt nicht!" entgegne ich entschieden. "Es sind genau die selben, mit der selben Aufschrift." - "Bei mir 3 Stück 20 Euro" fällt sie mir ins Wort. "Das mag sein, aber Sie sollten sich mit Ihrem Angebot voneinander unterscheiden. Vielleicht können Sie sich sogar absprechen. Wenn Sie z.B. diese Fußball-T-Shirts hier alle nach vorne hängen, sehen Sie..." - "Lassen das, Herr!" ruft die Person, und dann beginnt sie, laut einige offenbar griechische Worte nach draußen zu rufen. Schnell sind einige der umliegenden Ladenbesitzer herbeigeeilt und ich beginne zu hoffen, man wolle sich in der Tat schon wegen der angebotenen Ware miteinander einigen, aber dann merke ich, dass die Aufmerksamkeit des Aufruhrs mir gilt. Man redet wütend auf mich ein, einige zeigen aufgebracht auf das Bild der Kanzlerin auf meiner Brust. Dann werde ich von starken Armen gepackt und aus dem Laden geworfen.
Ich mache mich schnell davon. Wer meine Hilfe nicht möchte wird eben die unerbittliche Härte des Wettbewerbs selbst verspüren müssen.
In einer der Strassen beschließe ich, mein Glück im Gastronomiebereich zu versuchen. Offenbar scheint sich meine Anregung, Waren draußen vor dem Geschäft anzubieten, doch schneller herumgesprochen zu haben als ich erwartet hatte. Denn vor einer Gaststätte lehnen Schilder mit dem Tagesangebot. Hier ist scheint jemand bereit zu sein, dazuzulernen und ich habe Hoffnung, hier noch mehr helfen zu können.
Drinnen sehe ich den Betreiber beim Zwiebelnschneiden. "Guten Tag, Wirt!" grüße ich freundlich. "Gute Morgen, Herr!" antwortet es freundlich zurück. "Wolle etwas esse oder trinke?" - "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, sagen wir bei uns in Deutschland", antworte ich. "Zunächst einmal freue ich mich, dass Sie draußen Schilder mit Ihrem Essensangebot aufgestellt haben" fahre ich fort. "Aber wenn Sie Ihre Zwiebeln heute morgen schon ganz früh geschnitten hätten, könnten Sie jetzt noch mehr tun. Sehen Sie!" Und schon stehe ich draußen vor dem Eingang und versuche aktive Verkaufsgespräche bei den Passanten. "Guten Morgen, vielleicht ein Bierchen, frisch gezapft, der Herr? Calamaris, ganz besonders für Sie gegrillt, die Dame vielleicht?" Bei einigen Vorbeikommenden, die mich vom Schiff her kennen, sorge ich für einige Heiterkeit, und ich kann es mir nicht verkneifen, einem spanischen Paar hinterherzurufen "Ja ja, so geht das mit der Wirtschaft!". Von drinnen kommt nun der Wirt herbeigeeilt: "Sie sind verruckte, mache mir ganze Geschäft kaputt! Verschwinde ganz schnell!" Oho, hier meint also jemand, es besser zu können. Solchen Menschen kann man nicht helfen. Also heißt es, weiter zu suchen, wo es noch Hoffnung für das griechische Volk gibt.
Und auch jetzt bemerke ich bald, dass meine Ratschläge trotz allem schon in die Tat umgesetzt werden. Denn ein paar Gässchen weiter steht einer vor seinem Geschäft und spricht mich aktiv an. "Hallo, wolle Schirm kaufe?" - "Aber es scheint doch die Sonne" versuche ich ihn zu necken. "Aber Du komme von Schiffe, kann immer irgendwo regne." - "Auf dem Schiff habe ich einen Schirm" foppe ich den wackeren Verkäufer. "Aber immer Wind auf Schiffe, und dann Du brauche noch eine Schirm, wenn andere wegfliegt." - "Ja ja, das ist wie mit den Rettungsschirmen für Euch, wenn einer weg ist, braucht man den nächsten" lache ich.
Vielleicht war dieser eine Satz doch etwas zu viel, vielleicht hatte ich die Meute doch einfach zu spät bemerkt, die nun die Strasse hinuntergerannt kommt und die von einigen Geschäftsleuten angeführt wird, denen ich in gutem Glauben hatte helfen wollen. Jedenfalls ist die Stimmung plötzlich sehr feindselig gegen mich. Menschen beschimpfen mich und die Kanzlerin, die nun doch einige Schweißflecken trägt, einige spucken mich an, andere wollen mich packen und schlagen.
Ich renne davon, in Richtung Schiff. Die alten Mauern, die ehrlichen Kreuzrittern einst Schutz boten, drohen mir nun, zum Verhängnis zu werden. Ich bemerke im Rennen immer mehr Menschen, die mich verfolgen, Gewürzhändler, die mich mit Knoblauch bewerfen und Urlauber, die nur tatenlos zusehen, statt mir als Europäer zur Seite zu stehen. An einem Geschäft sehe ich Schwämme und wünsche bei mir immerhin der Putzfrau von heute morgen alles Gute.
Endlich erreiche ich ein Stadttor, wende mich dem Hafen zu, renne weiter bis zur Gangway zum Schiff, innen die Treppe hinauf und verbarrikadiere mich in meiner Kajüte. Schmerzlich hatte ich erfahren müssen: Griechenland und unser aller Geld ist verloren! Verloren an Menschen, die sich nicht einmal helfen lassen möchten! Wie traurig!
Zum Glück legen wir gegen Mittag wieder von diesem unglückseligen Ort ab und ich traue mich hinaus zum Mittagessen. Das Kind einer deutschen Familie erkennt mich im Restaurant und ruft: "Guck mal, da ist der Mann von vorhin auf der Insel!" Doch die Mutter scheint erkannt zu haben, dass ich alles nur für Deutschland und für Europa getan habe und dass mir Aufmerksamkeit nicht wichtig ist. Denn leise ermahnt sie den Kleinen: "Schau da nicht hin!"
Punkt 7 Uhr war ich schon beim Frühstück. Nur keine Zeit verlieren. Das Angela-Merkel-T-Shirt aus dem NRW-Wahlkampf hatte ich gestern Abend noch einmal mit dem Reisebügeleisen in faltenfreie Form gebracht, einen 10-Euroschein lasse ich gekonnt lässig ein Stückchen aus der Jackentasche gucken. Sie sollen hier schon wissen, mit wem sie es tun haben.
Dann geht es von Bord. Eins fällt auf: Humor haben sie hier auf Rhodos - auf einigen Gebäuden weht noch die griechische Fahne. Vielleicht konnten sie aber auch einfach keinen mehr bezahlen, um sie herunterzuholen.
Ein älterer Mann ruft mir zu: "Sorry! Taxi?" Selbstbewusst antworte ich: "Nein, Tourist! Aus Deutschland!" Ich schreibe seine Frage einer schon lange nicht mehr korrigierten Sehstärke zu und gehe weiter in Richtung Stadtmauer. Außer dem Alten, der eine Mitfahrgelegenheit sucht, und ein paar Italienern und Spaniern, die hinter mir eher verschämt ebenfalls das Schiff verlassen haben, ist niemand zu sehen.
Als ich gegen 8 Uhr die Altstadt betrete werden meine schlimmsten Erwartungen erfüllt. Nicht ein einziges Geschäft hat geöffnet. Alle Rolläden sind heruntergelassen, die Schaufenster noch vergittert. Offenbar hält es hier niemand mehr für nötig, trotz der Ankunft eines großen Kreuzfahrtschiffes einheimische Waren und Erzeugnisse feilzubieten.
Eine Frau kommt mir entgegen, sieht mich an und sagt etwas wie: "Jammer." "Nix jammern, arbeiten!" rufe ich ihr nach. Insgeheim hoffe ich, dass sie wenigstens unterwegs zu einer Putzstelle oder einer anderen Aushilfstätigkeit ist.
Traurig und ziellos gehe ich durch die alten Gassen, die schon so viel bessere Zeiten gesehen haben. All mein Geld, hier ist es so nutzlos verschwendet, weil die Menschen sich offenbar bereits völlig aufgegeben haben.
Endlich, es muss etwa so Viertel vor 9 sein, werde ich doch aus meinen trüben Gedanken gerissen. An einem der Geschäfte ist tatsächlich der Rolladen oben und ich sehe verschiedene Lederwaren. "Tüchtig, tüchtig!" rufe ich aufmunternd hinein.
Es ist, als ob doch einer der Einheimischen unser Schiff entdeckt hat und den Übrigen Bescheid gesagt hätte, denn auf einmal sehe ich immer mehr der kleinen Geschäfte, sogar Cafés und Imbissstuben, die zu öffnen scheinen. Sollte doch noch Hoffnung für Griechenland bestehen?
Auf den zweiten Blick wird mir jedoch klar, dass hier noch längst nicht alles so ist, wie man es für erfolgreiche Geschäfte erwarten müsste. Ich beschließe, als Einwohner des erfolgreichsten europäischen Staates praktische Hilfe zu leisten. Denn schließlich geht es ja auch um mein Geld.
In einem der Lädchen, das Schmuckwaren aus Gold und Silber zu führen scheint, mache ich den Anfang. Den Besitzer sehe ich innen beim Ordnen einiger Ketten. "Guten Tag, guter Mann", spreche ich ihn an. "Guten Morgen, mein Herr" kommt es in erfreulich gutem Deutsch zurück. "Entschuldigung, wir haben noch nicht..." - "Schauen Sie", unterbreche ich ihn. "Wenn Sie diese Körbe mit den Armreifen nach draußen stellen würden, würde das viel mehr Kunden anlocken" erkläre ich ihm und mache mich auch schon daran, einen der braunen Flechtwerkkörbe nach draußen zu tragen. "Was machen?" ruft er da. Und reißt mir die Waren aus der Hand. "Hau ab, sonst Polizei!" Wie traurig, hier scheint meine Hilfe nicht erwünscht zu sein.
Ich eile weiter. In der nächsten Straße fällt mein Blick sofort auf zwei Geschäftchen, die sich fast gegenüber liegen und die nahezu identischen "I love Rhodos"-T-Shirts anbieten. Die Verkäuferin sehe ich innen mit einem Putzlappen. "Guten Morgen", sage ich. Auch sie sagt irgendwas mit "Jammer", aber das überhöre ich jetzt einfach. "Schauen Sie", beginne ich meine Erklärung. "Sie haben hier die selbe Ware wie Ihr Kollege gegenüber". - "Mein T-Shirt besser!" versucht sie mich zu überzeugen. "Das stimmt nicht!" entgegne ich entschieden. "Es sind genau die selben, mit der selben Aufschrift." - "Bei mir 3 Stück 20 Euro" fällt sie mir ins Wort. "Das mag sein, aber Sie sollten sich mit Ihrem Angebot voneinander unterscheiden. Vielleicht können Sie sich sogar absprechen. Wenn Sie z.B. diese Fußball-T-Shirts hier alle nach vorne hängen, sehen Sie..." - "Lassen das, Herr!" ruft die Person, und dann beginnt sie, laut einige offenbar griechische Worte nach draußen zu rufen. Schnell sind einige der umliegenden Ladenbesitzer herbeigeeilt und ich beginne zu hoffen, man wolle sich in der Tat schon wegen der angebotenen Ware miteinander einigen, aber dann merke ich, dass die Aufmerksamkeit des Aufruhrs mir gilt. Man redet wütend auf mich ein, einige zeigen aufgebracht auf das Bild der Kanzlerin auf meiner Brust. Dann werde ich von starken Armen gepackt und aus dem Laden geworfen.
Ich mache mich schnell davon. Wer meine Hilfe nicht möchte wird eben die unerbittliche Härte des Wettbewerbs selbst verspüren müssen.
In einer der Strassen beschließe ich, mein Glück im Gastronomiebereich zu versuchen. Offenbar scheint sich meine Anregung, Waren draußen vor dem Geschäft anzubieten, doch schneller herumgesprochen zu haben als ich erwartet hatte. Denn vor einer Gaststätte lehnen Schilder mit dem Tagesangebot. Hier ist scheint jemand bereit zu sein, dazuzulernen und ich habe Hoffnung, hier noch mehr helfen zu können.
Drinnen sehe ich den Betreiber beim Zwiebelnschneiden. "Guten Tag, Wirt!" grüße ich freundlich. "Gute Morgen, Herr!" antwortet es freundlich zurück. "Wolle etwas esse oder trinke?" - "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, sagen wir bei uns in Deutschland", antworte ich. "Zunächst einmal freue ich mich, dass Sie draußen Schilder mit Ihrem Essensangebot aufgestellt haben" fahre ich fort. "Aber wenn Sie Ihre Zwiebeln heute morgen schon ganz früh geschnitten hätten, könnten Sie jetzt noch mehr tun. Sehen Sie!" Und schon stehe ich draußen vor dem Eingang und versuche aktive Verkaufsgespräche bei den Passanten. "Guten Morgen, vielleicht ein Bierchen, frisch gezapft, der Herr? Calamaris, ganz besonders für Sie gegrillt, die Dame vielleicht?" Bei einigen Vorbeikommenden, die mich vom Schiff her kennen, sorge ich für einige Heiterkeit, und ich kann es mir nicht verkneifen, einem spanischen Paar hinterherzurufen "Ja ja, so geht das mit der Wirtschaft!". Von drinnen kommt nun der Wirt herbeigeeilt: "Sie sind verruckte, mache mir ganze Geschäft kaputt! Verschwinde ganz schnell!" Oho, hier meint also jemand, es besser zu können. Solchen Menschen kann man nicht helfen. Also heißt es, weiter zu suchen, wo es noch Hoffnung für das griechische Volk gibt.
Und auch jetzt bemerke ich bald, dass meine Ratschläge trotz allem schon in die Tat umgesetzt werden. Denn ein paar Gässchen weiter steht einer vor seinem Geschäft und spricht mich aktiv an. "Hallo, wolle Schirm kaufe?" - "Aber es scheint doch die Sonne" versuche ich ihn zu necken. "Aber Du komme von Schiffe, kann immer irgendwo regne." - "Auf dem Schiff habe ich einen Schirm" foppe ich den wackeren Verkäufer. "Aber immer Wind auf Schiffe, und dann Du brauche noch eine Schirm, wenn andere wegfliegt." - "Ja ja, das ist wie mit den Rettungsschirmen für Euch, wenn einer weg ist, braucht man den nächsten" lache ich.
Vielleicht war dieser eine Satz doch etwas zu viel, vielleicht hatte ich die Meute doch einfach zu spät bemerkt, die nun die Strasse hinuntergerannt kommt und die von einigen Geschäftsleuten angeführt wird, denen ich in gutem Glauben hatte helfen wollen. Jedenfalls ist die Stimmung plötzlich sehr feindselig gegen mich. Menschen beschimpfen mich und die Kanzlerin, die nun doch einige Schweißflecken trägt, einige spucken mich an, andere wollen mich packen und schlagen.
Ich renne davon, in Richtung Schiff. Die alten Mauern, die ehrlichen Kreuzrittern einst Schutz boten, drohen mir nun, zum Verhängnis zu werden. Ich bemerke im Rennen immer mehr Menschen, die mich verfolgen, Gewürzhändler, die mich mit Knoblauch bewerfen und Urlauber, die nur tatenlos zusehen, statt mir als Europäer zur Seite zu stehen. An einem Geschäft sehe ich Schwämme und wünsche bei mir immerhin der Putzfrau von heute morgen alles Gute.
Endlich erreiche ich ein Stadttor, wende mich dem Hafen zu, renne weiter bis zur Gangway zum Schiff, innen die Treppe hinauf und verbarrikadiere mich in meiner Kajüte. Schmerzlich hatte ich erfahren müssen: Griechenland und unser aller Geld ist verloren! Verloren an Menschen, die sich nicht einmal helfen lassen möchten! Wie traurig!
Zum Glück legen wir gegen Mittag wieder von diesem unglückseligen Ort ab und ich traue mich hinaus zum Mittagessen. Das Kind einer deutschen Familie erkennt mich im Restaurant und ruft: "Guck mal, da ist der Mann von vorhin auf der Insel!" Doch die Mutter scheint erkannt zu haben, dass ich alles nur für Deutschland und für Europa getan habe und dass mir Aufmerksamkeit nicht wichtig ist. Denn leise ermahnt sie den Kleinen: "Schau da nicht hin!"